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Ortsimpressionen: Daheim in Geretsried

Kaum eine vergleichbar junge Stadt hat solch eine bewegte Geschichte hinter sich wie Geretsried. Vom Standort für Rüstungsindustrie zum Lager für Heimatvertriebene hat sich die Gemeinde innerhalb der letzten 65 Jahre nicht nur zur einwohner-, sondern auch zur wirtschaftsstärksten Stadt im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen entwickelt.

Als jüngste Stadt im Oberland wirkt Geretsried auf den ersten Blick eher untypisch für Bayern. Doch Geretsried lockt statt mit beschaulicher Bauweise mit anderen Reizen: Aufgrund einer gut ausgebauten Infrastruktur mit vielfältigen Arbeitsplätzen vor Ort, attraktiven Einkaufsmöglichkeiten und umfangreicher medizinischer Versorgung ist die Stadt bei seinen Bewohnern und Nachbarn gleichermaßen beliebt.

Breites Bildungs- und Freizeitangebot

Zwei Grundschulen, eine Mittelschule, eine Realschule, ein Gymnasium, eine Förderschule sowie eine Waldorfschule sorgen für ein gutes Bildungsangebot und machen das Wohnen in der größten Gemeinde im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen auch für Familien interessant. Und dank verschiedenster Kultur- und Sporteinrichtungen mit einem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm lässt sich auch die Freizeit abwechslungsreich gestalten.

Geschichte

Die Geschichte von Geretsried geht bis ins Jahr 1083 zurück. Der Bischof von Chur schenkt dem Chorherrenstift von Habach eine Schwaige zu „Gerratesried“. 1621 nennt sich die Schwaige „Gerolsried“, 1714 „Gerezried“, 1745 wird der Name Geretsried dauerhaft eingeführt.
Im Januar 1938 beginnt im Wolfratshauser Forst der Bau der beiden Rüstungswerke DAG (Dynamit Aktiengesellschaft) und DSC (Deutsche Sprengchemie). Zur selben Zeit entstehen die Wohnsiedlungen für Angestellte sowie Massenwohnlager für Arbeiter der beiden Werke im Lager Stein, Buchberg und Föhrenwald. Etwa 6.000 Bau- und Montagearbeiter errichten wechselweise in fünf Jahren die beiden Werke. Nach dem Zweiten Weltkrieg finden Heimatvertriebene eine Bleibe in den nun leerstehenden Bunkern und Baracken. Zwischen April und Oktober 1946 treffen drei Transporte aus dem Egerland (Graslitz, Tachau und aus der Gegend um Karlsbad) ein. Bis Ende Dezember folgen 350 weitere Flüchtlinge aus verschiedensten Herkunftsgebieten. Bei den Vertriebenen handelt es sich überwiegend um Frauen, Kinder und ältere Menschen. Die Männer sind zu der Zeit noch in Kriegsgefangenschaft oder vermisst. Mithilfe des Suchdienstes des Roten Kreuzes werden die Familien nach und nach wieder zusammengeführt. Erste Arbeitsmöglichkeiten finden die Frauen im Lager Föhrenwald, wo sie im Haushalt tätig sind, und die Männer bei den Demontagearbeiten der Rüstungswerke. Durch den beständigen Fleiß der Heimatvertriebenen wächst das Wirtschafts- und Gemeinwesen rasch an, was 1950 zur Gründung der Gemeinde Geretsried unter dem 1. Bürgermeister Karl Lederer führt.

Brauchtum

Die zahlreichen Landsmannschaften, wie die Egerländer Gmoi, die Trachtengruppe der Deutschen aus Ungarn, die Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen, die Trachtengruppe und Landsmannschaft der Banater Schwaben, die Landsmannschaft der Schlesier und die griechische Gemeinde bereichern durch ihre vielen Veranstaltungen das kulturelle Leben der Stadt. Termine: Sonnwendfeier der Egerländer Gmoi auf der Böhmwiese (20. Juni), Patronatsfest der griechischen Gemeinde auf dem Karl-Lederer-Platz (4. Juli),  Kronenfest der Siebenbürger Sachsen auf der Böhmwiese (11. Juli).

Kunst und Kultur

In Geretsried bieten zahlreiche Ausstellungen – unter anderem im Rathaus, im Museum oder in der Stadtbücherei – kulturinteressierten Bürgern und Besuchern ganzjährig einen bunten Querschnitt der lokalen Kunstszene. Eine Auswahl der Werke des weltberühmten Stahlbildhauers Alf Lechner ist an verschiedenen Orten der Stadt zu sehen.
Die Kulturbühne Hinterhalt, die Musikschule oder Groove Academy sowie die Chöre Mixed Voices, Isura Madrigal Chor und der Konzertverein Isartal bereichern die Musikszene auf hohem Niveau.
Kulturelles Highlight der Stadt ist unter anderem der alle zwei Jahre stattfindende „Geretsrieder Kulturherbst“, der über zehn Tage lang in einem großen Zelt an der Jahnstraße stattfindet. Dank der Auftritte vieler bekannter Künstler, Kabarettisten und Musiker, wie zum Beispiel Konstantin Wecker, Gerhard Polt, Martina Schwarzmann und Klaus Doldinger, hat sich Geretsried im Laufe der letzten Jahre auch über die Landkreisgrenzen hinaus einen Namen als Kulturstadt gemacht. Ebenfalls populär ist das im Zweijahres-Rhythmus stattfindende Liedermacherfestival, das vor allem jungen Musikern eine Bühne bietet. Die Teilnehmer müssen ihre Texte selbst schreiben, vertonen und vortragen. Das Publikum entscheidet im Anschluss an die Darbietungen per Stimmzettel über die Auswahl der Besten. Seit 2003 kann sich Geretsried zudem über eine „eigene“ inzwischen deutschlandweit bekannte – Rockband mit dem Namen „A life divided“ freuen.

Gewerbe

Geretsried beherbergt in den Gewerbegebieten Gartenberg, Geretsried-Süd und Gelting verschiedenste Industrie- und Gewerbebetriebe wie zum Beispiel den Flüssiggasspezialisten Tyczka und die Firma Rohi-Stoffe, deren Flugzeugsitzbezüge um die ganze Welt fliegen.
Aufgrund hoher Nachfrage nach weiteren gewerblichen Flächen wurde 2012 die Erschließung des Gewerbegebiets Gelting-Ost beschlossen. Das landschaftlich reizvoll gelegene Gebiet, das ab Sommer diesen Jahres baulich erschlossen wird, soll Heimat für viele weitere Betriebe unterschiedlicher Branchenzugehörigkeit und Größe werden. Neben der Vielfalt an produzierendem Großgewerbe und einem abwechslungsreichen Einzelhandelsangebot sind in Geretsried aber auch viele kleine regionale Betriebe ansässig, zum Beispiel der Direktvermarkter Donibauer der Familie Mayr an der B11, die Hofmolkerei Bay in Gelting oder der Geretsrieder Bauernladen sowie der Geltinger Dorfladen.

Freizeit

Auch in Sachen Freizeit hat Geretsried einiges zu bieten: ein vielfältiges Vereinsleben und zahlreiche vereinsunabhängige Indoor- und Outdoorveranstaltungen. Bei den Jugendlichen ist derzeit der dirt park am Forst sehr angesagt. Hier tummeln sich junge Bikerinnen und Biker, um sich in Mut, Ausdauer und Geschicklichkeit zu üben. Aber auch wer es eher ruhig angehen will, findet in Geretsried viele Möglichkeiten. So hat die Stadt ein 82 Kilometer langes Nordic-Walking-Streckennetz ausgeschildert. Die Rundwege führen über asphaltierte Straßen sowie Rad- und Feldwege in Strecken zwischen 4 und 18 Kilometern. Auch sind die meist ebenen Radwege in und um Geretsried bestens erschlossen. Zudem durchkreuzen verschiedene Fernradwege die Stadt. Von München kommend führt die Via Bavarica Tyrolensis am östlichen Isarufer bis nach Geretsried und weiter in Richtung Süden bis zum Sylvensteinstausee. Wer noch Kondition hat, kann bis über den Achensee hinunter ins Inntal radeln. Wer nicht so weit fahren möchte, hat die Möglichkeit, den Isarradweg zu erkunden und wird am Malerwinkel mit einem wunderschönen Panoramablick auf die Isar belohnt. Zu Fuß kann die Umgebung von Geretsried auf diversen Themenwanderwegen erkundet werden. Bei schlechtem Wetter locken das Hallenbad oder die Eissporthalle mit moderaten Preisen und einem breiten Angebot. Im Hallenbad gibt es beispielsweise das Mutter-Kind-Schwimmen, den Kinderspielnachmittag oder diverse Schwimmkurse. In der Eissporthalle können Schlittschuhläufer, Eiskunstläufer und Eishockeyspieler ganzjährig ihren Hobbys frönen.

Über den Autor

Sandra Johnson

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