Mit dem Flussfestival leistet sich Wolfratshausen etwas längst Überfälliges: Das passende Aushängeschild für eine im Grunde ihres Herzens kreative und lebenfrohe Kleinstadt. Dahoam– Redakteur Sebastian Klug hat das Konzert der Bananafishbones besucht – und kam nahezu verzaubert zurück.
Woifertshasn. Was bist Du mir schon auf den Keks gegangen. Innerlich stand ich schon oft kurz davor, mit Dir zu brechen. Zu dröge, zu leidenschaftslos, zu halbherzig in so vielen Versuchen, Deinem eigentlich wunderschönen Stadtkern Leben einzuhauchen. Zu verquer, um die richtigen Prioritäten zu setzen. Zu klein, um eine gute Auswahl gemütlicher Cafés zu beherbergen und zugleich scheinbar doch zu groß, um auf schier unerträgliche Absteigen verzichten zu können. Um ehrlich zu sein: Ich hatte die Hoffnung für Dich fast schon aufgegeben.
Bis das Flussfestival kam. Eine Oase voller Gemütlichkeit und Offenheit, mit einem fast schockierend guten Programm, einer atemberaubenden Kulisse und einem einnehmenden Flair, dem das Wetter dieser Tage – so ehrlich muss man sein – natürlich auch ordentlich zuspielt. Sowohl überregional bekannte Künstler wie Andreas Giebel, Christian Springer oder die Südtiroler Senkrechtstarter Ganes als auch regionale Legenden wie „Die Sendlinger Mordweihnacht“ oder das einzigartige Kombipaket „Brustmann Hoch 3“ mit der Waldramer Tanzmusi (Beni, Tobi und Sebastian Brustmann mit angeschwägerter Verwandschaft u.a.), Josef Brustmann (Musikkabarett) sowie Matze Brustmann mit seiner Band Balloon Pilot lockten und locken (noch bis zum 21. Juli) jeden Abend hunderte Wolfratshauser und andere an das Loisachufer. Ein in diesem Kontext unvermeidbarer Stammgast waren am vergangenen Freitag auch die Tölzer Bananafishbones.
An den Fishbones, wie ihre Fans sie liebevoll und mundfaul gerne nennen, scheiden sich bisweilen die Geister: Die einen sind seit frühester Jugend begeisterte Fans und besuchen jährlich mindestens ein Konzert der Band, die anderen sind genervt von der damals aus ihrer Sicht übermäßig präsenten und überschätzen Band und versuchen, jedes Konzert möglichst geschickt zu vermeiden. Ich persönlich stehe gewissermaßen zwischen den Fronten: Als Fan der eineinhalbten Stunde (für die erste war ich einen Hauch zu jung) geht mir bei jedem Konzert der Drei das Herz auf, bei zu starkem Einsatz ihrer akustischen Instrumente jedoch oft auch wieder ein wenig zu. Denn seit einigen Jahren tritt das Trio aus Sebastian Horn (Gesang und Bass), Peter Horn (Gitarre und Gesang) und Florian Rein (Schlagzeug und Gesang) Unplugged auf, zu Beginn noch unter Zuhilfenahme verschiedener Effekte und Verzerrer, mittlerweile jedoch immer puristischer. Der Rocker im Urfan fühlt sich da bisweilen um seine dem heftigen zum Rockbeat wackelnden Kopfnicken geschuldeten Nackenmuskelverspannungen betrogen. So eben auch – bis zu einem gewissen Maße – ich.
Das Flussfestival jedoch gab den Fishbones eine gute Portion seiner versöhnenden Grundstimmung mit: Rein akustisch näherten sich die immer countrylastiger werdenden Tölzer ihrem Publikum, um dann umgehend das Publikum mit ihrer Herkunft zu überraschen: „D’Mama“ der beiden Horn-Brüder habe nämlich lange Jahre im Wolfratshauser Obermarkt verbracht.
Der Rock kehrte Stück für Stück zurück: Altbewährte Gassenhauer wie „Easy Day“ und „Come to Sin“ wurden mit großartigen Coverversionen von MGMTs „Kids“ und Tears for Fears „Mad World“ gewürzt und die Zuschauer mit jedem Song mehr von ihren Sitzen auf die mittige Treppengasse der Zuschauertribüne gehauen. Die Bananafishbones haben in dieser Sommernacht mitten in Wolfratshausen bewiesen: Rock ist keine Frage der Lautstärke oder der Kraftausdrücke, sondern eine innere Haltung – die die drei Musiker durch und durch verkörpern.
Am Ende stand das komplette Loisachufer. Und damit unplugged wirklich unplugged war, gab’s die letzte Zugabe im Stehen vor der Bühne inmitten des Publikums und ohne ein einziges verstärktes Signal. „Die sind ja immer noch gut. Echt alt geworden, aber irgendwie immer noch saugut“ höre ich eine auch nicht mehr ganz junge Enddreißigerin hinter mir sagen, in der Stimme eine gute Portion Erstaunen. Sie hatte sich wohl weniger erwartet und wurde von deutlich mehr überrascht.
Das Flussfestival hat mich wieder aufs Neue mit Wolfratshausen versöhnt – und viele Fishbones-Fans mit dieser Band. Bleibt zu hoffen, dass beides hält.