In etwas mehr als 25 Jahren hat der Deutsch-Japaner Yoshihisa Kinoshita etwas ganz Besonderes geschafft: Den Kindern des Wolfratshauser Kinderchors Freude am Singen zu vermitteln und trotzdem hohe Qualitätsstandards zu setzen
Dass der am 8. Juli 1957 als Sohn einer deutschen Mutter und eines japanischen Vaters in Deutschland geborene Yoshihisa 1989 die Leitung des Kinderchors übernommen hat, kann als Glücksfall für die Flößerstadt Wolfratshausen bezeichnet werden. Seine damalige Frau unterrichtete an der Musikschule. Da lag es nahe, dass der musikalisch überaus begabte Deutsch-Japaner ein geeignetes Betätigungsfeld in der Region fand. Davor studierte er an der Hochschule für Musik Köln/Aachen und am „Kinoshita Vocal Institute“ in der japanischen Hauptstadt Tokio. Nach dreijähriger Tätigkeit als Stimmbildner beim Tölzer Knabenchor fand er in Wolfratshausen schließlich eine neue Herausforderung, die ihn bis heute mit großer Freude erfüllt. Um seine hervorragende Leistung im musikalischen und öffentlichen Leben Bayerns zu würdigen, verlieh ihm der Bayrische Sängerbund anlässlich des 25-jährigen Chorjubiläums die Orlando-di-Lasso-Medaille. Es war eine von vielen Auszeichnungen, die Kinoshita und sein weit über die bayerischen Grenzen hinaus bekannter Kinderchor zu Recht einheimsten.
Hervorragender Chorpädagoge
„Die Kunst scheint mir zu sein, dem Kind die Freude am Singen zu erhalten und ihm gleichzeitig beizubringen die genauen Töne zu treffen“, erklärt Kinoshita sein pädagogisches Konzept. So findet in Wolfratshausen, anders als zum Beispiel beim Tölzer Knabenchor oder den Regensburger Domspatzen, keine Auslese statt. Durch eine intensive Stimmbildung versucht Kinoshita auch scheinbar stimmlich unbegabte Kindern an hohe Ansprüche heranzuführen. Denn die Kleinsten singen noch so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. „Wenn da unsaubere Töne dabei sind, ist das nicht schlimm“, findet Kinoshita. Mit einfachen Hilfsmitteln wie zum Beispiel einem Wackeldackel zeigt er seinen Schülern, wie sie beim Singen im Hals- und Nackenbereich lockerer werden. Bei der Chorstufe 2, die sich aus Kindern der 3. und 4. Schulklassen zusammensetzt, ist schon ein homogener wenn auch „nur“ einstimmiger Chorklang zu hören. Darauf aufbauend bringt Kinoshita die Kinder mit fortschreitendem Alter zum zwei-, vier- und mehrstimmigen Singen. Die höchste Stufe ist schließlich der mehrstimmige A-cappella-Gesang.
„Er ist nicht nur ein sehr guter Stimmbildner und Chorleiter, sondern vor allem ein hervorragender Chorpädagoge“, beschreibt Musikschulleiter Manfred Heller die Qualitäten von Kinoshita. Denn durch das Singen im Chor werden auch wichtige Werte für das Zusammenleben im Alltag vermittelt. „Obwohl die Kinder über ihre individuellen Leistungen genau Bescheid wissen, steht offensichtlich die Gemeinschaftsleistung für die Kinder im Vordergrund“, erklärt der Chorleiter. Dennoch wird jedes Kind in der Probe aufgefordert, auch mal eine Passage aus einem Stück alleine zu singen. Die meisten Kinder, die schon ab dem Grundschulalter im Chor sind, hätten damit laut Kinoshita keine Schwierigkeiten. Sicherlich gäbe es hin und wieder Schüler, die sich dazu erst überwinden müssten. Sei diese Hürde aber überwunden, ließen sich bei den Kindern schnell Freude und Entspannung erkennen.
Er selbst spielt jeden Morgen auf der Shakuhachi – einer japanischen Bambusflöte. „Das mache ich zur Meditation und um zur Ruhe zu kommen. Damit kann ich den Tag gut beginnen“, verrät der 57-Jährige. Und wie schafft Kinoshita es, 40 Kinder vor einem Auftritt zu einem angemessen Verhalten zu bringen? „Die Lebendigkeit eines kontrollierten Chaos hinter der Bühne birgt eben auch die Möglichkeit in sich, durch einen Fokus diese Lebendigkeit im Konzert auf den Punkt zu bringen“, glaubt der Deutsch-Japaner. Dass seine Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet wurde, wundert da eigentlich keinen mehr. Kinoshita würde lügen, wenn er behaupten würde, dass ihm diese Preise nichts bedeuten. „Aber mehr als über die Preise an sich, freue ich mich über die Wertschätzung, die mir und den Kindern durch solche Auszeichnungen entgegengebracht wird”.
Vom 29. März bis zum 2. April war der Wolfratshauser Kinderchor im Rahmen der „Herr der Ringe“-Aufführung an fünf Abenden hintereinander in der Münchner Philharmonie zu hören. Wolfram Buchenberg arbeitet an einer neuen Komposition für den Wolfratshauser Kinderchor. Und im Sommer wird der Kinderchor beim Wolfratshauser Flussfestival an der Aufführung der Carl-Orff-Oper „Carmina Burana“ mitwirken. Zumindest dieses Heimspiel an der Loisach sollte man sich als Oberlandler nicht entgehen lassen.