Kunst & Handwerk

Ein Werkstattbesuch: Der Holzkugeldrechsler vom Tegernsee

Für Martin Goldhofer fängt Weihnachten am 25. Dezember an. Der gelernte Zimmermann aus Rottach fertigt Christbaumkugeln aus Holz – und das rund ums Jahr.

Betritt man die Werkstatt von Martin Goldhofer, dringt einem der Geruch von Holzspänen in die Nase. Es duftet wohlig nach Zirbe. Dabei ist dies bei Weitem nicht das einzige Holz, das der Drechsler für seine edlen Kugeln beschnitzt. Palisander, Fichte, Buchs, Amaranth – Hölzer aus aller Herren Länder warten geduldig darauf, vom Meister zu außergewöhnlichem Weihnachtsschmuck verarbeitet zu werden.

Vom Baumstamm zur Christbaumkugel

Jetzt, kurz vor dem heiligen Fest, erledigt Martin Goldhofer noch schnell ein paar Auftragsarbeiten. Die müssen, versteht sich, rechtzeitig zur Bescherung fertig werden. Mit flinken Händen verschraubt der Rottacher sein Werkstück in der Drehbank und drechselt, bis die Späne fliegen. Mit viel Sorgfalt und Geschick dreht er den Rohling aus Holz in eine runde, hohle Form. Was danach kommt, bedarf noch mehr Fingerfertigkeit. Denn jede Kugel bekommt ein eigenes Gesicht, ein eigenes Muster. Zwei Mal dasselbe machen, das mag Martin Goldhofer nicht. „Man muss sich ja schließlich selbst fordern, sich ständig neu erfinden.“ So gibt es jede Kugel aus dem Hause Goldhofer genau ein Mal. Seine kunstvollen Arbeiten schnitzt der Holzkünstler am liebsten in Zirbelkiefer, seinem Lieblingsholz, nicht nur wegen dem herrlichen Duft, sondern auch, weil sich das relativ weiche Holz wundervoll bearbeiten lässt.

Eine Leidenschaft für Christbaumkugeln

Rund 600 Kugeln drechselt und schnitzt Goldhofer pro Jahr. Und das im Nebenberuf, denn bis 14 Uhr am Nachmittag leitet er mit seiner Frau ein Gästehaus. Erst „nach Feierabend“ geht er seinem Hobby nach, das für den 52-Jährigen längst zum Beruf geworden ist. Angefangen hat alles mit einer Holzkugel aus Amerika. Die bekam Goldhofer von seinem Onkel, einem gebürtigen Drechsler aus Bad Tölz, geschenkt. Aus purer Neugier hatte Goldhofer damals Ornamente in die massive Kugel geschnitzt. Auf eine Kugel folgte eine zweite. Und schnell auch eine Drechselbank. Der Besuch einer Osterei-Ausstellung brachte ihn schließlich auf die findige Idee zur hohlen Kugel. Das hatte vor ihm noch nie jemand gemacht! Seither fertigt der Ausnahme-Drechsler vom Tegernsee als Einziger auf der Welt durchbrochene, hohle Christbaumkugeln. Auf die hat Martin Goldhofer sogar ein Patent angemeldet.

Für Menschen, die es zu schätzen wissen

Eine bis anderthalb Stunden braucht es, bis eine normale Kugel fertig ist. In größere setzt der Drechsler Figuren und Krippen hinein, das dauert schon mal einen halben Tag. Eine schöne Kugel braucht eben ihre Zeit und hat selbstverständlich auch ihren Preis. Im Fall Goldhofer einen sehr fairen: Sechs Euro zahlt der Kunde für das kleinste Exemplar. Große Krippenkugeln kosten inklusive Echtholzfiguren zwischen 200 und 380 Euro. So ist für jeden Geldbeutel etwas mit dabei. Die Figuren für die kleinen Schätze holt Goldhofer aus dem Grödnertal in Südtirol – und gibt sie zum Einkaufspreis an seine Kunden weiter. Auch der „normale Bürger“ soll sich seine Kugeln leisten können. Der Profit steht für Martin Goldhofer erst an zweiter Stelle. Er ist eben Drechsler aus Leidenschaft. Wollte er davon leben, müsste der Rottacher seine Preise vervierfachen.

Vom Tegernsee in die ganze Welt

Produziert wird ganzjährig, mit sechs Wochen Unterbrechung: Dann setzt Martin Goldhofer auf Ostern statt auf Weihnachten. Und fertigt statt des hölzernen Baumschmucks Ostereier mit filigranen Schalen – aus Holz natürlich. Geschnitzt in Bayern gehen Goldhofers Werke in die ganze Welt. Wer ein Exemplar aus der Hand des Drechslers erwerben will, muss vorbestellen, und wartet schnell ein ganzes Jahr. Dafür gibt es dann den persönlichen „Pass“ zur Kugel, mit Datum der Herstellung und Hinweis auf das Wetter an jenem Tag. Eine persönliche Gedankenstütze für den Käufer, der so nach Jahren noch weiß, woher die Kugel stammt. Die Alternative: Man streicht sich die rechts aufgeführten Termine rot im Kalender an. Denn einen Laden hat der Holzkünstler nicht. Das würde er gar nicht schaffen. Man findet Martin Goldhofer auf wenigen, ausgesuchten Kunsthandwerkermärkten im Oberland wie „Faszination Handwerk“ oder beim „Rottacher Advent“ im Kurpark. Vielleicht auch deshalb sind seine Kugeln so besonders.

Über den Autor

Simone Rosner

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