Kunst & Handwerk

Aying: Ein bayrisches Biergesamtkunstwerk

Im Dorf Aying haben fast alle mit Bier zu tun. Seit 1878 entstehen in der Ayinger Privatbrauerei handwerklich gebraute Biere in guter alter Manier. Auch die beiden Brauereigasthöfe und der Biergarten sind einen Besuch wert.

Es gibt viele Orte, die haben eine Brauerei. Immer mehr hier im Oberland, und das ist erfreulich. Statt computergesteuertem Massengeschmack besinnt man sich wieder auf heimische Brautradition, deren Wurzeln in der Landwirtschaft liegen, oder man macht trendiges Craftbier.

Und es gibt wenige Orte, die sind eine Brauerei. In Aying jedenfalls, dem historischen Ort südöstlich von München, dreht sich fast alles ums Bier. Zwei stattliche Brauereigasthöfe und ein herrlicher Biergarten bilden den Ortskern; im Schatten mächtiger Bäume kann man hier das Bier der Ayinger Privatbrauerei der Familie Inselkammer genießen. Daneben liegt der sorgsam renovierte historische Sixthof, in dem man bis vor kurzem eine Ausstellung zu gleich vier Jubiläen sehen konnte, darunter 1225 Jahre Aying und natürlich 500 Jahre Reinheitsgebot, das Bierfest des Jahres 2016.

Selbstverständlich streng nach dem bayrischen Reinheitsgebot wird das Ayinger Bier heute aber nicht mehr im historischen Dorfkern gebraut, sondern im architektonisch gelungenen modernen Brauereigebäude am Ortseingang. Dort kann man den Brauern über die Schulter schauen, im weitläufigen Laden Bier und allerlei Schönes und Nützliches drumherum erwerben und im Schalander feiern oder an Bierverkostungen teilnehmen. „Schalander“ ist die traditionelle Bezeichnung des Brotzeitstüberls der Brauer, das die Ayinger mit den Besuchern teilen, und von hier blickt man auf Felder und die nahen Berge, vor allem an klaren Tagen im Spätsommer, wenn die Ayinger ihren „Bräukirta“ feiern.

Immer am Wochenende nach dem Oktoberfest, mit viel Musik und bayrischen Spezialitäten, einem historischen Markt und dem charaktervollen Kirta-Bier, das eigens dafür gebraut wird. Grad erst recht, denn zum Münchner Oktoberfest sind die Ayinger nicht zugelassen; der Ort und damit die Brauerei liegen nur im Landkreis und nicht im Stadtgebiet München, was Zulassungsvoraussetzung zum Oktoberfest ist.

Bräukirta in Aying statt Oktoberfest

Das macht aber nichts, denn auch wenn Biergenießer den Ort von München aus bequem mit der S-Bahn erreichen können, fühlt man sich hier recht weit weg vom Trubel der Großstadt. Die Wurzeln der Familie Inselkammer, Besitzer und Betreiber der „Privatbrauerei“, liegen hier im Ort und drumherum – man handelte mit Holz aus den eigenen Wäldern und baute Getreide an. Und seit nunmehr sechs Generationen wird Bier gebraut.

Bis heute stammt ein großer Teil des Braugetreides aus eigenem Anbau oder von Vertragsbauern aus der Gegend, die anständig bezahlt werden und sich auf langfristige Verträge verlassen können. Das, so meint Franz Inselkammer junior, der sechste Bräu zu Aying, ist Grundlage für Qualität. Glyphosat, so betont er, hat in qualitätsvollem Anbau nichts zu suchen.

Ayinger Bier wird ausschließlich im Ort produziert. Alle neun Standardsorten und die vier saisonalen Spezialbiere werden von Braumeister Hans-Jürgen Iwan aufs Strengste geprüft – seit 25 Jahren ist er im Betrieb!

Regional und nachhaltig wurde in Aying immer schon gedacht, auch als derlei noch gar nicht modern war, sondern selbstverständlich. Das hiesige Getreide wird auch in der Region vermälzt, der Hopfen stammt aus der Holledau, das Wasser kommt aus dem eigenen 176 Meter tiefen Brunnen, der St. Andreas Quelle. PrimAqua wird das gesunde Mineralwasser genannt und direkt am Quellort abgefüllt. Dieses einzige Mineralwasser aus dem Münchner Süden enthält Fluorid und sorgt damit für gesunde Zähne, es ist nitrit- und nitratfrei und daher gut für den Magen.

„Im Prinzip machen alle bayrischen Privatbrauereien Craftbiere.“

Doch zurück zum Bier, einem Getränk, das in den letzten Jahren erfreulich aufgewertet wurde und sozusagen als Durstlöscher von der Baustelle auch an Restauranttische gewandert ist. Alexander Moosbauer, Biersommelier und Wirt des Ayinger Bräustüberls, empfiehlt Bier auch zu Fisch oder zu Käse. Franz Inselkammer ist es recht, aber er sagt: „Ich mag auch das ‚Baustellenimage‘, Bier ist und bleibt auch ein bodenständiges Getränk, das man alle Tage genießen kann.“

Regionale Produkte und handwerkliche Qualität

Das Ayinger Bier wird handwerklich hergestellt; erfahrene Braumeister und nicht der Computer brauen Biere von gleichbleibend hoher Qualität aus heimischen Zutaten. Genau das ist die Definition von Craft Beer. Die US-amerikanische Brauervereinigung definiert „Craft Beer“ als Bier „von einem Brauer, der in kleinen Mengen und unabhängig von Konzernen auf traditionelle Weise braut“.
Und was in Amerika „kleine Mengen“ sind, erreichen hierzulande manche Großbrauereien nicht. Fest steht jedenfalls, dass das Ayinger Bier nach dieser Definition ganz eindeutig Craft Beer ist. Wohlverdient sind deshalb auch die vielen Auszeichnungen in europäischen und gar internationalen Wettbewerben wie dem World Beer Award, wo Ayinger Biere sogar mit der Goldmedaille ausgezeichnet wurden.

Das Lob freut Franz Inselkammer und seine Brauer, es ist Ansporn, sodass Biergenießer davon ausgehen können, dass in Aying alles beim Alten bleibt und handwerkliche Biertradition hochgehalten wird – auch nach dem Jubiläum des Reinheitsgebots.

Bildnachweis: Privatbrauerei Aying/Simon Koy

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Heike Hoffmann

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