Kunst & Handwerk

Vom Mut, klein zu bleiben: Das Dachsbräu

Seit über 130 Jahren wird beim Dachsbräu mitten in Weilheim Bier gebraut. Das „Dachs“ ist Kult bei den Jungen und Tradition bei den Alten. Neun verschiedene Biere siedet das Bräu zu Weilheim mit großer Handwerkskunst im Familienbetrieb.

„Man muss diesen Beruf schon leben“, meint Günter Klose, der Braumeister vom Dachsbräu. Man könne nicht tagsüber Bier brauen und abends Wein trinken, ergänzt er mit Entschiedenheit. In sechster Generation führt er gemeinsam mit Vater Ulrich und Schwester Ulrike den Traditionsbetrieb, der 1879 von Georg Dachs gegründet wurde. Das „Dachs“ ist das Kultbier der Region; die rund achteinhalbtausend Hektoliter im Jahr werden am Rande der Altstadt gebraut und vor allem im Ort sowie rund um den Ammersee genossen.

Der Münchner Dachs erwarb das landwirtschaftliche Anwesen und begann mit dem Brauen von Weißbier, sein Sohn übernahm und erweiterte die Brauerei, investierte in den 1920er- und 1930er-Jahren in moderne Maschinen und konnte so den Bierausstoß erheblich steigern. Die Enkel sollten den bis dahin florierenden Betrieb übernehmen, doch der Zweite Weltkrieg hätte beinahe das Ende der Dachsbrauerei bedeutet, denn beide Nachkommen fielen im Krieg.

Man könnte heute nicht auf eine über 130-jährige Geschichte zurückblicken, hätte nicht nach dem Krieg die Dachs-Witwe Berta Beck gemeinsam mit ihrem zweiten Mann August die Ärmel hochgekrempelt. Gustl Beck scheint ein gutes kaufmännisches Talent gehabt zu haben und einen sicheren Blick für Investitionen, denn schon wenige Jahre nach dem Krieg ging‘s mit dem „Dachs“ in Weilheim wieder bergauf.

Die beiden Braukessel, Herzstück der Brauerei, stammen aus dem Jahr 1956, in Betrieb bis zum heutigen Tag. Günter Klose lächelt, als er uns das dazugehörige Steuerpult zeigt: alles mechanisch und schon viele Male repariert, solide Handwerksarbeit, wie das Bier. Der einzige Computer in der Produktion steht heute in der Abfüllhalle. Dort wird jede einzelne Flasche auf Schäden oder Verunreinigungen peinlich genau überprüft. Ansonsten ist alles Handarbeit – langsam, mit Bedacht und viel Erfahrung ausgeführt.

Reinheitsgebot – auch beim Dachs heilig!

„Ja, selbstverständlich ja!“ Klarer und eindeutiger könnte die Antwort gar nicht ausfallen. Gefragt haben wir nach dem bayrischen Reinheitsgebot, wonach Bier nur aus Hopfen, Malz, Wasser und Hefe gebraut werden darf. Und ob es weiterhin, wie seit 500 Jahren unverändert, beibehalten oder vielleicht doch ein wenig gelockert werden solle. „Auf gar keinen Fall“, meint Klose. Es besteht zu Recht seit 500 Jahren. „Früher hat man Tollkirschen dazugegeben, da gab‘s sogar Todesfälle. Heute experimentiert man mit Litschis herum – das ist doch kein Bier“, meint der Brauer, der seine Handwerkskunst bei Doemens in Gräfelfing gelernt hat. Neben Weihenstephan die Ausbildungsstätte für Braumeister in Bayern. Die Lehre hat Klose zwar zu Hause im Weilheimer Betrieb verbracht, doch die Gesellenjahre bei Augustiner in München – beste Grundlage also für bayrische Biertradition.

Neunmal Tradition

Obwohl das Dachsbräu eine doch recht kleine Brauerei ist, werden hier neun verschiedene Biere gebraut – alle ausnahmslos hier in der Braustätte im Zentrum der Oberlandmetropole – von insgesamt neun Mitarbeitern. Der Hopfen stammt aus der Hallertau oder aus Tettnang und das Braumalz aus der Oberpfalz. Unter dem Dach werden die Malzvorräte in Holzkisten gelagert – dunkles, also kräftig geröstetes, helleres und ganz blondes Malz aus Gerste oder Weizen. Dort oben steht auch die Malzmühle, denn das Getreide wird hier immer frisch vermahlen. Das Malz ist dafür verantwortlich, ob helles oder dunkles Bier entsteht, und die ganz besondere Mischung beruht auf der Erfahrung und dem Können des Brauers. Jedes Jahr sind das Wetter, die Ernte und damit das Malz anders, meint Günter Klose, aber das Bier soll immer die gleiche Qualität haben. Also mischt der Brauer die Zutaten jeweils so, wie er es für richtig findet. Bier brauen, weiß der Braumeister, braucht viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl.

Einige der Dachsbiersorten gibt es das ganze Jahr. Das Weißbier, ein leichtes Weißbier und der Weizenbock sind die obergärigen Hefeweizen, die allesamt in der Flasche vergoren werden. „Sozusagen unser Champagner“, betont Klose stolz. Von Vergärungsverfahren im Tank hält er nicht viel. Die Flaschengärung ist Garant für ideale Rezens und schönen Schaum. In eigenen, perfekt temperierten Kühlräumen reift das Weißbier so dem Genuss entgegen.

Am meisten verkauft die Brauerei vom Hellen, dem Export und dem Weilheimer Urhell, einem naturtrüben, also unfiltrierten Kellerbier. Auch das Helle reift in Eiskellern – bei Temperaturen unter null Grad – langsam und wie es sich gehört. Erst nach acht und beim Starkbier Ulimator gar nach zwölf Wochen wird abgefüllt. Wenn dann eine Sorte mal nicht verfügbar ist? Dann ist das eben so, künstlich beschleunigt wie in der Großindustrie wird beim Dachs gar nichts.

Mit dem Ulimator wären wir auch bei einer Biersorte angelangt, die es nicht das ganze Jahr über gibt – dem Starkbier des Dachsbräus, das zur Fastenzeit vom Braumeister selbst angestochen wird. Doch Liebhaber kräftigerer Biere müssen auch den Rest des Jahres nicht darben. Anlässlich der 1000-Jahr-Feier von Weilheim und Polling ersannen die Brauer bei Dachs ein Jubiläumsbier: in alter Märzen-Tradition etwas stärker eingebraut mit 6,3 Volumenprozent und 13,5 % sogenannter Stammwürze.

Im Dachsbräustüberl kann man in der schönen, alten Gaststube oder im Garten unter schattigen Bäumen Weißwürst oder Schweinsbraten zum Bier genießen. Neu ist der Wirt im Bräustüberl, neu auch der zünftige Weißbierbrunch jeden Sonntag. Neue Biersorten sind allerdings nicht vorgesehen, auch keine Vergrößerung der Produktion. „Man muss auch den Mut haben, klein zu bleiben!“, betont der Braumeister.

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Heike Hoffmann

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