Stephanie Lang von Langen bildet in ihrem Ausbildungszentrum „Wunjo-Projekt“ Menschen und Hunde für die therapeutische Arbeit mit Alten, Kranken und Kindern aus – mit großem Erfolg
September 2004 – ein schwerer Unfall, der das Leben der damals 29-jährigen Stephanie Lang von Langen grundlegend verändert: Mit ihrem Auto gerät sie unter einen Sattelschlepper und wird im Wrack eingeklemmt. Ihr Genick ist gebrochen, und nur einer angeborenen Bindegewebsschwäche (sogenanntes Marfan-Syndrom) ist es zu verdanken, dass sie mit dem Leben und ohne Querschnittslähmung davonkommt. Nach vielen Wochen Krankenhaus und Rehabilitation beginnt die junge Frau ihr Leben von vorn. Sie erfährt am eigenen Leib, wie heilend die Anwesenheit eines Hundes wirken kann. Ihr wichtigster Begleiter während dieser Zeit ist ihr ungarischer Mischlingshund „Wunjo“.
Stephanie Lang von Langen möchte anderen das weitergeben, was sie selbst erfahren hat – das hilfreiche Erlebnis eines gelungenen Zusammenseins von Mensch und Hund.
Der Weg ist das Ziel
Seit 2005 arbeitet Lang von Langen mit Wunjo ehrenamtlich in einer Rettungshundestaffel , die die Polizei bei der Suche nach Vermissten unterstützt. Zu dieser Zeit hat sie sich bereits auf das Verhaltenstraining mit Problemhunden, das Training mit Auslandshunden und die Ausbildung zur Personensuche spezialisiert. Gemeinsam mit einer Fachkollegin bietet sie bald darauf einen Hunde-Besuchsdienst für die Bewohner eines Seniorenheimes in Bad Tölz an. 2009 entwickelt sich daraus das Ausbildungszentrum „Wunjo-Projekt“ für Therapiehundeausbildung in Bad Tölz, 2013 folgt eine weitere Ausbildungsstätte in München-Grünwald.
Die zehnmonatige Ausbildung vermittelt Herrchen und Frauchen samt Hund alle Kenntnisse und Fertigkeiten für die Arbeit in der tiergestützten Therapie. Die Teams sind anschließend in Kindergärten, Schulen, Praxen, Altenheimen oder Psychiatrien therapiebegleitend im Einsatz. Der praktische Teil der Ausbildung findet in sozialen Einrichtungen statt, der theoretische Unterricht in Bad Tölz und Grünwald. In diesem Jahr startete bereits die siebte Ausbildungsklasse.
Die wohltuende Wirkung des Hundes
Wohl beinahe jeder Hundehalter wird es bestätigen, und auch der Volksmund spricht vom „besten Freund des Menschen“: Ein Hund kann viele positive Wirkungen auf den Menschen haben, und sei es nur, dass man sich beim Gassi-Gehen wenigstens mal bewegt. Ein faszinierendes Beispiel: Schwer traumatisierte Jungen haben aufgrund ihres Schreckenserlebnisses häufig einen Blackout beim Lesen. In einer Studie ließ man solche Kinder lesen, während im gleichen Raum ein Hund anwesend war und einfach nur schlief. Die Forscher beobachteten, dass die jungen Leser plötzlich kaum mehr Schwierigkeiten hatten.
Des Rätsels Lösung: Hunde sind seit mindestens 18.000 Jahren domestiziert und ständige Begleiter des Menschen, zum Beispiel als Hirtenhund und als Wachhund. „Und Hunde urteilen nicht, kritisieren nicht, sie fordern nichts – die Kinder können somit entspannt lesen“, meint Lang von Langen. Das fördert die Lese- und Schreibkompetenz – eine wichtige Voraussetzung für Erfolg in allen Schulfächern und später im Berufsleben.
Auch auf alte Menschen haben Hunde eine enorme Wirkung: „Wenn ich mit Wunjo das Zimmer eines alten Menschen betrete, zeigt sich sofort ein strahlendes Lächeln auf dessen Gesicht. Der Hund weckt ein tief sitzendes ‚Fürsorgegefühl’ – man muss ihn einfach streicheln. Und wenn ich Demenzkranke mit Wunjo besuche, erkennen diese mich oftmals nicht mehr – wohl aber meinen Hund!“, so Stephanie Lang von Langen.
Wer Teil eines Therapiebegleithundeteams werden möchte, hat übrigens gute Chancen, sein Wissen auch nach der Ausbildung praktisch anwenden zu können: Rund 90 Prozent der Absolventen des Wunjo-Projekts sind aktuell im Einsatz als Therapiebegleithundeteam, unter anderem im Pater-Rupert-Mayer-Heim in Bad Tölz – dort, wo vor neun Jahren alles begann.