Ein einziges Mal stand er als Schauspieler vor der Kamera. Für einen Freund, der ihn für seine Abschlussarbeit an der Filmhochschule darum gebeten hatte. Danach war ihm klarer denn je, dass sein Platz hinter der Kamera ist. Auf dem Regiestuhl. Von dort aus hat der gebürtige Wolfratshauser Matthias Kiefersauer manch preisgekrönten Film auf den Weg gebracht.
Dabei wollte der 41-jährige Absolvent der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film eigentlich Journalist werden und kam eher aus einer Trotzreaktion heraus zum Fernsehen. „Die Geschichte, die durchs Netz geistert, stimmt tatsächlich“, bestätigt Kiefersauer. Seine damalige Freundin habe immer so von Werner Schmidbauer bei „Live aus dem Alabama“ geschwärmt. Das habe ihn total gewurmt. Die Beziehung ging auseinander. Aber der Stachel mit dem Fernsehschwarm saß tief. Das löste bei dem damals 20-Jährigen einen heftigen Impuls aus, infolgedessen er sich als Nachfolger von Schmidbauer bewarb und tatsächlich genommen wurde – allerdings nicht als Moderator, sondern als Praktikant und später Volontär bei der Produktionsfirma.
Das Büro war damals im Glockenbachviertel, quasi sein erster Kontakt zu seiner heutigen Wahlheimat. Dem „Alabama“ folgte ab 1996 ein Studium in der Dokumentarfilmabteilung an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Dort lernte Kiefersauer 1999 den Münchner Regisseur Franz Xaver Bogner kennen. Letzterer wurde ein wichtiger Wegbegleiter für den angehenden Filmemacher – wieder ein Stückchen weiter weg vom journalistischen Schreiben. Matthias Kiefersauer: „Mit 19 hätte ich nie gedacht, dass ich mit 41 Filmemacher sein werde. Da wollte ich Printjournalist werden. Aber letztlich hat sich in sanften Kurven und über mehrere Zwischenstationen alles in Richtung Spielfilm entwickelt.“ Bogner ermutigte ihn dazu, seinen Übungsfilm „Nudeln“ an der Filmhochschule auf Bairisch zu drehen. Er war so begeistert, dass er Kiefersauer ins Team zum legendären „Café Meineid“ holte.
Neben Bogner nahm auch der Dokumentarfilmer Franz Xaver Gernstl den jungen Kiefersauer unter seine Fittiche. Gernstl engagierte ihn im Jahr 2001 als Schnittregisseur für mehrere Ausgaben seiner Reihe „Gernstl unterwegs“. Die Zusammenarbeit dauerte zwei Jahre. Danach war Kiefersauer 2004 und 2005 weitere zwei Jahre Stipendiat an der Münchner DrehbuchWerkstatt. Dort entwickelte er das Drehbuch zu seinem Film „Baching“, der im Jahr 2007 gedreht wurde. Für das Buch bekam er bereits 2005 den Tankred-Dorst-Preis. Mit der Auszeichnung im Rücken traute er sich dann, mit einer neuen Drehbuchidee sein großes Vorbild, den Münchner Kabarettisten und ehemaligen Valtorta-Autor Alexander Liegl, anzusprechen. Das Resultat: „Das große Hobeditzn“ mit Jörg Hube. Kiefersauer: „Ich war schon lange Fan vom Alexander, bevor wir Freunde wurden.“ Derzeit entwickelt das Autoren-Duo eine neue bairische Komödie (siehe Artikel „Tausendsassa auf Bayrisch“ in der Ausgabe 3/2014). Es folgten zahlreiche Produktions- und Regieaufträge mit der für Kiefersauer typischen bairischen Klangfärbung: „Menschen in Bayern“, „Franzi“, „Was machen Frauen morgens um halb vier?“ und fünf Folgen der Serie „Soko 5113“.
Inzwischen ist der Wahl-Münchner als Regisseur auch bundesweit gefragt. Im Januar startet im ZDF die Serie „Bettys Diagnose“ mit Bettina Lamprecht in der Hauptrolle (bekannt unter anderem aus der „heute show“ und „Ladykracher“). Gedreht hat der diplomierte Filmemacher im vergangenen Sommer für sechs Wochen in der Nähe von Köln. Zum ersten Mal außerhalb Bayerns seit der Geburt seiner beiden Buben, inzwischen neun und fünf Jahre alt. Als aktiver Vater keine leichte Übung. „In erster Linie bin ich Papa und Partner. Nachdem meine Lebensgefährtin ebenfalls berufstätig ist, mussten wir schauen, wie wir das hinbekommen, ohne dass weder die Kinder noch die Jobs zu kurz kommen“, erinnert sich Kiefersauer, der mit der neuen Serie zeigen konnte, dass er auch auf Hochdeutsch inszenieren kann.
Seine Leidenschaft fürs Schreiben kann der Regisseur seit sechs Jahren übrigens auch als Kolumnist beim Münchner Merkur in der Rubrik „Münchner Freiheit“ ausleben. Jeden Samstag – und immer mit dem gewohnt kritischen, aber auch humorvollen Blick auf seine Traumstadt München und die Menschen, die dort leben. Es hat bislang jeden Samstag für eine Geschichte gereicht, die oft zum Schmunzeln und manches Mal zum Nachdenken anregt.
Dass ihm mal die Ideen ausgehen, hält er für unwahrscheinlich: „Solange ich durch München laufe, fallen mir Sachen auf, über die ich schreiben kann.“