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„Mir ham’s schon schön erwischt da“: Interview Bananafishbones

Die Tölzer Bananafishbones im Gespräch über die Essenz von Bayern, das Leben zwischen Familie und Musik und warum die Zusammenarbeit der drei Musiker heute so gut klappt wie nie zuvor.

Wer im Tölzer Land lebt, der kommt an gewissen Dingen nicht vorbei: der alljährlichen Leonhardifahrt, dem Schnablerrennen in Gaißach, den Waldfesten am Tegernsee – und den Bananafishbones. Das Trio aus Sänger und Bassist Sebastian Horn, seinem Bruder Peter an der Gitarre und Schlagzeuger Florian Rein ist eines der kulturellen Aushängeschilder der Stadt Bad Tölz. Was sich schon allein daran zeigt, dass die Band auf der Homepage der Stadt eine eigene Seite hat, direkt neben dem weltberühmten Tölzer Knabenchor.

Seit über 20 Jahren bereichern die drei Musiker die oberbayerische und teilweise auch europäische Kulturlandschaft – etwa mit ihren monumentalen Open-Air-Konzerten in der Tölzer Marktstraße, dem mehrfach aufgelegten Hillside Festival, ihren traditionellen und ausnahmslos ausverkauften Weihnachtskonzerten im Tölzer Kurhaus und nicht zuletzt in jüngster Zeit mit zahllosen Soloprojekten: Florian Rein produziert in seinem Tölzer Studio rastlos Bands und Solokünstler und tourt u.a. mit der Band Somersault, Peter Horn ist mit seinen Filmmusiken in gefühlt jedem zweiten deutschen Kinofilm vertreten, und Sebastian Horn hat unlängst gemeinsam mit Gerd Baumann unter dem Namen „Dreiviertelblut“ ein viel gelobtes Album mit neuer, düsterer Heimatmusik veröffentlicht.

15 Jahre nach ihrem ersten deutschlandweiten Hit „Come to sin“ haben sich die Bananafishbones jetzt einen Traum erfüllen können: ein Best of ihrer – aus ihrer eigenen Sicht – besten Songs. Mei Dahoam traf das Trio im Tölzer Bergbeat-Studio von Florian Rein.

mei Dahoam: Was bedeutet für Euch Bayern?

Sebastian Horn: Für mich ist Bayern ganz einfach Oberbayern. Im Grunde sogar schon, ganz lokalpatriotisch, allein der Isarwinkel.

Florian Rein: Es gibt sicherlich auch sehr schöne Flecken im Rest von Bayern, aber für mich ist Bayern ebenfalls genau das hier: der Blick auf die Berge, der Isarwinkel, die entsprechenden Menschen dazu.

Und was macht Bayern für Euch so besonders?

Sebastian Horn: Die Landschaft und die Menschen. Im Grunde sogar eher die Landschaft. Ich persönlich fühle mich als totaler Bergmensch. Mir fehlt was, wenn ich nicht irgendwo Berge sehe.

Peter Horn: Für mich ist es die Nähe zum Süden, die Bayern ausmacht.

Gibt’s etwas, was Euch an Bayern nervt?

Peter Horn: Ja. Der Winter. Der ist zu lang. So lange kalt.

Florian Rein: (verträumt) … aber der Winter in Bayern kann schon auch sehr schön sein. Mir fällt spontan nämlich ehrlich gesagt gar nichts ein. Mir ham’s schon schön erwischt da.

Sebastian Horn: Politisch würde mir da einiges einfallen, aber das wär’s dann auch schon.

In Euren Texten kommt immer wieder eine gewisse Morbidität zum Vorschein. Ist das für Euch ein Teil von Bayern oder eher eine persönliche Sache?

Sebastian Horn: Das kommt schon eher von mir als Person. Das ist eine Sache, die mich im Grunde schon immer bewegt hat. Ich dachte früher immer, ich bin irgendwie abartig oder so was, bis unser Deutschlehrer uns dann in der elften Klasse Trakl, Baudelaire und Rimbaud zum Lesen gegeben hat. Und ich hab auf einmal gemerkt: Wow, da gibt’s welche, die denken ähnlich, die machen was draus, schreiben darüber, und es fühlt sich für mich gut an, das zu lesen. Das hat mir sehr geholfen, selbst dann in dieser Richtung zu schreiben.

Ihr drei kommt ja alle aus der Tölzer Gegend, Peter und Sebastian aus Greiling, Florian aus Tölz. Hat es Euch nie in die Großstadt gezogen?

Florian Rein: Wir waren ja alle eine Zeit lang in München zum Studieren und haben da auch gewohnt. Aber mich persönlich zieht’s einfach immer wieder raus aufs Land. Wir haben in den letzten Jahren so viele Städte in ganz Deutschland und Europa gesehen, dass ich jedes Mal wieder froh war, wenn ich in Tölz war.

Peter Horn: Ich bin ein ziemlicher Stadtmensch. Mir ist das sogar lieber, ich hab ja die Natur meine ganze Jugend schon gehabt, und da hat es mich dann irgendwann immer mehr in die Stadt gezogen. Ich hab sehr gern junge Menschen um mich, bin gern nah an der Kultur dran, und das habe ich in einer Großstadt eben viel mehr als auf dem Land. Wenn ich alt bin, will ich unbedingt in der Stadt sein. Da gibt es viel mehr Möglichkeiten, alles ist näher zusammen. Ich würde dann eh in einer Alters-WG wohnen, und das ist dort einfacher.

Seit mehr als 25 Jahren macht Ihr miteinander Musik, habt damals als Schüler damit angefangen und seid mittlerweile Familienväter. Was hat sich in den Jahren für Euch verändert?

Florian Rein: Mei, vieles. Wir sind nicht mehr 200 Tage im Jahr auf Tour, haben andere Prioritäten, andere Arbeitsweisen.

Peter Horn: Also als Musiker und Komponist hat sich für mich sehr vieles verändert. Mit minimalem technischen Aufwand kannst Du heute zuhause eine sehr gute Aufnahme machen, kannst Deine Stimme in ein Studio nach Bristol beispielsweise schicken, alles innerhalb von Sekunden. Nur ist es halt auch so, dass man als Familienvater Rücksicht auf seine Familie nehmen muss. Mittlerweile ist mir schon klar, dass ich mein Ego nicht durchgehend ausleben kann, obwohl ich das manchmal wollen würde: einfach nur den ganzen Tag Musik machen. Und wenn das Ego zu sehr zuschlägt, bekomme ich das auch von meiner Familie zu spüren.

Sebastian Horn: Natürlich wird das Musikerleben durch die Familien- und Vateraufgaben eingeschränkt, aber diese Aufgaben übernehme ich auch sehr gerne. Und es gibt mir auch musikalisch einiges. Wenn meine Söhne mir Sachen wie Skrillex mitbringen, schockt mich das im ersten Moment. Aber dann schockt mich noch viel mehr, dass ich mir denk: „Moment, so haben doch früher die Eltern auf Rock ’n’ Roll reagiert!“ Und wenn ich’s mir dann genau anhöre, erweitert es ziemlich meinen Horizont.

Peter Horn: Naja, das ist aber auch nicht immer so. Mein Sohn hört manchmal früh morgens auf dem Laptop diese Nightcore-Sachen, hochgepitchte Musik, so Euro-Disco-Manga-Style, da hört’s dann für mich auf mit der Ehrerbietung der jungen Musik gegenüber.

Ihr drei macht – abseits der Bananafishbones – teilweise sehr unterschiedliche Musik: Flo spielt viel Jazz und Pop und produziert andere Künstler hier im Studio, Peter arbeitet an Filmmusiken, Sebastian hat erst vor Kurzem eine CD mit düsteren Heimatliedern veröffentlicht. Habt Ihr – stilistisch – eine gemeinsame musikalische Heimat, oder ist die Musik, die Ihr mit den Bananafishbones macht, einfach eine Verbindung aus drei verschiedenen Leidenschaften?

Sebastian Horn: Durch unsere einzelnen Projekte ist für mich die Arbeit mit den Bananafishbones viel cooler geworden. Ich hab nicht mehr das Gefühl, alles da reinpacken zu müssen, was mich irgendwie bewegt, was vielleicht auch gar nicht zu den Fishbones passen würde. Wir haben seitdem einen sehr viel klareren Output bekommen, und auch die Zusammenarbeit ist super, weil wir uns komplett darauf konzentrieren können, was die Fishbones ausmacht, und was jeder für sich cool findet, macht er für sich.

Florian Rein: Das geht mir genauso. Das Zusammenarbeiten ist viel entspannter, weil man nicht alles in diese eine Band packen muss. Wir haben einfach andere Ventile, um das rauszulassen, und das macht die gemeinsame Arbeit um einiges leichter.

Peter Horn: Was man auch sehen muss, ist, dass diese Art des akustischen Spielens, die wir entwickelt haben, schon auch etwas ganz Eigenes ist, die so eigentlich nur mit dieser Band funktioniert. Wir haben über die Jahre einfach eine Routine entwickelt, an diese Sachen ranzugehen, die sehr speziell geworden ist.

Ihr lebt seit mittlerweile 15 Jahren von der Musik. Suchen Euch manchmal noch Existenzängste heim?

Sebastian Horn: Auf jeden Fall. Ich kenn das Gefühl gut.

Peter Horn: Existenzängste eher nicht, aber Geldängste. Wenn die Familie ein neues Auto braucht und die Kasse leer ist, dann muss man halt wieder ran.

Sebastian Horn: Musst halt Deinen Hubschrauber verkaufen.

Florian Rein: Ich hab das nicht wirklich; es ist ja eher so, dass es viel mehr zu tun gibt, als wir stemmen können: Von den Soloprojekten über die Theatermusik bis hin zu Produktions- und Soundtrackarbeiten – zu tun haben wir eigentlich immer was.

Wie geht es weiter mit den Bananafishbones? Was steht als Nächstes an?

Sebastian Horn: Wir dürfen jetzt endlich mal ein Album machen, bei dem wir alle Songs, von denen wir glauben, dass sie unsere besten sind, zusammenpacken können. Und obendrauf gibt es drei neue Songs, die wir hier im Studio gerade produzieren. Wir wollten das schon immer wieder mal machen, aber leider hatten wir die Rechte an den Songs, die über Universal verlegt worden waren, nicht. Die haben wir jetzt wieder, und jetzt geht es los. Unser zweites Projekt ist die Vertonung des Kinderbuchs „Rico, Oskar und die Tieferschatten“, das dieses Jahr den Deutschen Jugendliteraturpreis bekommen hat und das nächstes Jahr neu aufgelegt wird, mit einer CD mit unseren Songs.

Peter Horn: Dann kommt im Frühjahr wieder das Singspiel am Nockherberg …

Florian Rein: … vorher noch die Unplugged-Tour mit einem neuen Programm …

Sebastian Horn: … dann auch immer noch die Inszenierung von „Jenseits von Eden“ im Theater Schauburg, bei der wir die Musik gemacht haben …

Florian Rein: … also langweilig wird uns nicht.

Sieht ganz danach aus. Vielen Dank für das Interview!

Über den Autor

Sebastian Klug

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