Kunst & Handwerk

Das Wandern ist des Müllers Lust: Die Eglinger Anger-Mühle

Der „wandernde Müller“ und die „klappernde Mühle“ kommen heute fast nur noch in Liedern oder Geschichten vor – das alte Handwerk Müller existiert in seiner ursprünglichen Form zumeist nur noch im Museum. Eine der wenigen Ausnahmen ist die Anger-Mühle am Eglinger Moosbach.

Seit Menschengedenken wird Getreide zu Mehl gemahlen, lange vor unserer Zeitrechnung mit Hilfe von Steinmörser und Reibstein, später dann mit Wasser-, Wind- oder Tierkraft betriebenen Mühlen. Im Mittelalter gab es in fast jedem Dorf zumindest eine eigene Mühle. Auch der deutsche Familienname „Müller“ geht aus dieser Zeit hervor.

Das Berufsbild des Müllers über die Jahrhunderte

Obwohl Mehl schon damals ein Grundnahrungsmittel war, galt das Müllergewerbe im Mittelalter als anrüchig und zählte zu den „unehrlichen“ Berufen. Aufgrund der schwierigen Kontrollierbarkeit des Mahlertrages wurden viele Müller des Betrugs bezichtigt. Erst nach Ende des Mittelalters war es den Müllern möglich, eine eigene Zunft zu bilden. Der Müller war seit dieser Zeit ein angesehener Mann im Dorf. Mit dem Konjunkturaufschwung in Anschluss an den 2. Weltkrieg setzte dann ein großes Mühlensterben ein. Mit den neuen industriellen Kunstmühlen wurde der ursprüngliche Beruf des Handwerksmüllers durch den Industriemüller ersetzt. Das mittlerweile fast schon nostalgische Bild des Müllers, mit Zipfelmütze und Mehlsack über der Schulter, wurde durch das Bild vom Müller mit Silofahrzeug abgelöst.

Die Eglinger Anger-Mühle

Auch die Geschichte der Eglinger Anger-Mühle begann bereits 1406. In den Besitz der Familie des heutigen Betreibers Franz Schölderle ging die Mühle aber erst im Jahr 1935. Besitzer Max Schölderle übergab diese 1974 seinem Sohn Franz, der den Beruf des Müllers noch in seiner ursprünglichen Form vom Vater erlernt hat. Als Franz Schöldere 1949 geboren wurde, hatte sein Vater die Mühle bereits modernisiert, indem er die Mühlsteine durch Walzenstühle ersetzte. Eine Mühle mit Walzenstühlen stellte sich als deutlich wartungsärmer und leistungsfähiger dar, da die Mühlensteine je nach Betrieb der Mühle alle zwei bis sechs Wochen in schwieriger Handarbeit nachbearbeitet werden mussten. Trotz Modernisierung blieb das Müllerhandwerk ein anstrengender und zeitintensiver Beruf. Um die Mühle und Landwirtschaft, die Schölderles zusätzlich betrieben, aufrechtzuerhalten, musste die ganze Familie samt 11-köpfiger Kinderschar mithelfen. Im Normalfall dauerte ein Arbeitstag 10-16 Stunden, in Stoßzeiten lief die Mühle sogar die ganze Nacht hindurch. Als Franz Schölderle die Mühle vom Vater übernahm, versuchte er dem allgemeinen Mühlensterben mit Hilfe seiner langjährigen Erfahrung und Verbindungen zu Stammkunden zu trotzen. Doch im Jahr 1977 musste er einsehen, dass ein wirtschaftliches Betreiben der kleinen Mühle zu dieser Zeit nicht mehr möglich war.

Rückkehr ins Müllerhandwerk

Schölderle orientierte sich beruflich neu, blieb aber im Herzen immer ein überzeugter Müller. Er engagierte sich im Bayerischen Mühlenerhaltungsverein für die Bewahrung des Mühlwesens und bot seine Mühle in Zusammenhang mit der Bachpatenschaft der Eglinger Schule zu Führungen an. Der Erfolg und das dadurch neu erweckte Interesse waren ausschlaggebend für die Wiederaufnahme des Eglinger Mühlen-Betriebes. Nachdem das hölzerne Mühlrad im Jahr 1994 erneuert wurde, mahlte Schölderle zunächst geringe Mengen Mehl für Bekannte und Stammkundschaft. Dank der Idee, mit dem selbst gemahlenem Mehl Brot zu backen, das mit anderen biologischen Produkten im eigenen Mühlenladen verkauft wird, schaffte Familie Schölderle dann die Rückkehr ins Müllerleben. Mit seinem unerschütterlichen Glauben an das alte Müllerhandwerk, konnte Franz Schölderle seine Mühle so bis heute nicht nur als geschichtsträchtiges Denkmal, sondern als funktionsfähigen Handwerksbetrieb erhalten.

Mehr zur Geschichte der Eglinger Anger-Mühle erfahren Interessierte im Buch „Amboss, Zwirn und Flößerhack“ des Historischen Vereins Wolfratshausen e.V.

Bildnachweis: Bernhard Haselbeck

Über den Autor

Sandra Johnson

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