Die „Via Bavarica Tyrolensis“ lebt von den Gegensätzen zwischen Voralpenlandschaft und Gebirgsansichten. Mit dem Rad kann man auf dem rund 225 Kilometer langen Weg von München aus erkunden, wie sich Bayern bis hin nach Tirol landschaftlich verändert – von flachen Wiesen bis zu schroffen Felsen und einer Gebirgslandschaft.
Weiß-blau-weiß-rot ist er, der Traum vieler Radler: Bayern und Tirol haben sich vor neun Jahren zusammengeschlossen und die Via mit dem lateinischen Namen als Marke auf den Weg gebracht. Seitdem heißt es radeln, radeln, radeln. Über die Alpen geht es ins Inntal – ein Genuss-Radweg ist die Via, die man in Teilen, aber auch im Ganzen befahren kann. Wer sich vier bis fünf Tage Zeit nimmt, kann den gesamten Weg abfahren: von der bayerischen Landeshauptstadt durch die eindrucksvolle schöne Voralpenlandschaft bis in die kontrastreichen Höhenlagen der Tiroler Gebirgswelt und weiter ins Inntal. Das Reizvolle an der Via Bavarica Tyrolensis ist eben die abwechslungsreiche Strecke: Es geht vorbei an Wiesen, zwischen Bergen hindurch, an Flüssen entlang, zu Seen und durch große Städte und kleine Dörfer. An der Strecke gibt es viele Einkehrmöglichkeiten, Pensionen und kleine Hotels, die sich auf die Radler eingestellt haben – so dürfte die Tour zu schaffen sein.
Angst vor dem Aufstieg in die Berge muss keiner haben, sagt Dr. Andreas Wüstefeld, Leiter von „Tölzer Land Tourismus“. Bei ihm laufen oft Anfragen ein, ob die Strecke denn zu schaffen sei, auch wenn man nicht über gestählte Wadln verfügt und nicht super trainiert ist. „Es ist kein hochalpiner Weg, man muss ja keine Pässe fahren“, sagt er. Ein paar kleine Anstiege, die gibt es logischerweise schon, aber die seien gut zu bewältigen. Wüstefeld erklärt, mit dem Stempel „Bayern als Bergeland“ habe der ganze Bayern-Tourismus ein wenig zu kämpfen. „Da meinen viele, ab Aschaffenburg gibt es nur Berge. Aber das stimmt halt dann auch nicht.“ In München und auch dahinter ist es nämlich noch ziemlich flach, Genussradeln steht da im Vordergrund bei der Via Bavarica Tyrolensis.
Gestartet wird an der Museumsinsel
Startpunkt der Tour ist die Museumsinsel in der Landeshauptstadt. Man fährt die Isar flussaufwärts zum Flaucher, dann am Tierpark Hellabrunn vorbei und weiter Richtung Süden. Durch das Voralpenland schlängelt sich der Radweg dann über Holzkirchen, Gmund, Bad Wiessee, Tegernsee, Wolfratshausen und Geretsried nach Bad Tölz. Immer wieder kann man auf der Strecke einkehren, Pause machen, die Landschaft genießen. Vom Voralpenland geht es schließlich weiter Richtung Sylvensteinspeicher. „Diesen Abschnitt empfinde ich als sehr schöne Strecke; hinter Bad Tölz radelt man noch flach dahin, doch dann plötzlich kommt man an den Sylvensteinspeicher und in eine hochalpine Landschaft“, schwärmt Wüstefeld. Dieser Kontrast ist das Reizvolle an der Via Bavarica Tyrolensis, diesen Gegensatz sieht man nicht allzu oft, vor allem nicht, wenn man mit eigener Muskelkraft auf einem Rad unterwegs ist.
Ein Tourenrad ist sinnvoll
Apropos Rad: Empfohlen wird für die Strecke ein Tourenrad oder Mountainbike. Mit einem Rennrad ist die Strecke aufgrund der manchmal gröberen Straßenbeläge schwer zu bewältigen. Kinder können vor allem im Voralpenland die weiß-blau-weiß-rote Strecke gut fahren; wenn es dann in die Berge geht, sollten die kleinen Mitradler schon etwas größer sein, da doch ein paar Anstiege zu überwinden sind. Jugendliche ab zwölf können die Strecke gut schaffen. Wer sein Gepäck transportieren lassen will, hat übrigens auch die Gelegenheit dazu: Einzelne Anbieter bringen Taschen von München in Etappen bis ins Inntal (z. B. Feuer und Eis Touristik – Via Bavarica Tyrolensis). So spart man sich die Kilos am Gepäckträger.
Wer den Sylvensteinspeicher hinter sich gelassen hat, radelt durch die Berge Richtung Achenkirch und Achensee. Dort belohnt einen der Blick auf die weite Seenlandschaft – und man kann hier übernachten, einen längeren Zwischenstopp einlegen, baden, sich ein Boot mieten und zur Ruhe kommen. Auch lohnt sich ein Abstecher zum Beispiel ins benachbarte Alpendorf Steinberg. Über Unterkotalm und immer entlang des Sees verläuft der Weg im engen Tal zwischen beeindruckenden Bergmassiven. Wer weiter radelt, kommt über Buchau zum Ende des Bergsees nach Maurach, wo zum Beispiel das Notburga Museum zu einem Besuch einlädt. Dort wird die couragierte Frau als Heilige im Wandel der Zeit gezeigt. Auch kann man in Maurach die herrliche Bergwelt entdecken; die Bergbahnen Rofan und Karwendelbahn bringen Wanderer und Radler zu den schönsten Aussichtsbergen der Region. Wer noch weiterfahren möchte, kann über Pertisau einen Ausflug zur Gramai-Alm unternehmen. Es geht über verschiedene Ebenen und 400 Meter Höhendifferenz.
Steile Abfahrt ins Inntal
Das Ende der Via Bavarica Tyrolensis liegt in Wiesing nach steiler Abfahrt ins Inntal. Wer sich dann auf die Heimreise begeben will, kann das wieder mit dem Rad oder der Bahn über Kufstein und Rosenheim nach München machen. Die Bahn ist auch ein guter Begleiter während des Radelns – wem die Kondition ausgeht, der kann einfach einzelne Teilabschnitte sparen und die Bahn nutzen. „Hinter München fährt zum Beispiel die BOB weite Strecken, auch die S-Bahn spart einem Wege“, sagt Wüstefeld. Er verweist darauf, dass man hier sein Rad in der Bahn und auch größtenteils im Bus mitnehmen kann. Ebenso hilft einem die Achensee-Dampf-Eisenbahn weiter.
Mit dem E-Bike unterwegs
Wer sich dennoch vor den Bergen scheut, hat seit ein paar Jahren noch eine weitere Möglichkeit, die Kondition zu schonen: Mit E-Bikes ist man vor allem auf den Bergstrecken komfortabler unterwegs. „Und das wird immer beliebter“, weiß Wüstefeld. Mit dem Movelo-Programm der Tourismusämter tun sich E-Biker leichter: Es gibt vollen Service entlang der Strecke, Akkuladestationen – und man kann seinen leeren Akku gegen einen vollen tauschen. „Bei diesem Programm ist auch keine Landesgrenze spürbar, auch am Achensee gibt es dieses Angebot.“ Vor allem bei sportlich unterschiedlich trainierten Partnern sind die E-Bikes beliebt – so kann die Via Bavarica Tyrolensis gemeinsam bewältigt werden.
Für die nächsten Jahre ist übrigens ihr Ausbau geplant: Bis nach Venedig soll die Strecke künftig reichen, sie wird dann im Ostalpenraum die erste feste Radlstrecke über die Alpen von München bis an den Markusplatz sein. Die Infrastruktur steht schon, ein paar Streckenabschnitte müssen nur noch besser ausgebaut werden, vor allem von Innsbruck an den Brenner und im Veneto. Bis Mitte 2015 soll alles fertig sein. Ob die Via Bavarica Tyrolensis dann noch einen kleinen italienischen Namenszusatz bekommt – das müssen die Verantwortlichen erst noch entscheiden.