Kunst & Handwerk

Emotionen in Holz: Zu Gast bei Bildhauer Hans Neumann

Bildhauer Hans Neumann hat sich mit Künstlerin und Ehefrau Maria einen Traum erfüllt. Gemeinsam lebt das Paar auf einem abgeschiedenen Anwesen am Rand der Gemeinde Münsing am Starnberger See und widmet sein Leben der Kunst, seinen Tieren und einem besonderen sozialen Projekt.

Als wir Hans Neumann in der Fasanerie Erletsbach besuchen, werden wir stürmisch von Hund Findus (der seinen Namen der Tatsache verdankt, dass er vor dem Geltinger Tierheim gefunden wurde) begrüßt. Dass Familie Neumann sich für einen ausgesetzten Hund entschied, kommt nicht von ungefähr, denn die fast schon aufopfernde Liebe zu Tieren verbindet das Paar seit 51 Jahren gleichermaßen wie die Liebe zur Kunst.

Bevor wir uns mit dem tatkräftigen Bildhauer über seine Kunstprojekte unterhalten, berichtet er uns mit leuchtenden Augen von seiner Pferdeliebe und erklärt, dass diese Leidenschaft die Wohnorte und somit auch das Leben des Paares seit jeher bestimmt. Im derzeitigen Besitz der Künstler befinden sich die gemütliche Haflingerstute Wonni und der temperamentvolle Trakehner Pasco, den sie als liebevolle Ersatzeltern mühsam mit der Flasche aufzogen. Mutter Paraguay, die aus der berühmten Zucht der Baronin Lotzbeck stammte, verstarb bei der Geburt ihres Fohlens.

Dass die beiden einmal so viel gemeinsam haben würden, hätten die damaligen Klassenkameraden der Grünwalder Grundschule nicht geahnt. Da zog Hans die kleine Maria noch als braves und ehrgeiziges „Herzipupperl“ auf. Doch als sich die beiden als junge Erwachsene im Schwabinger „Käfig“, einem in den 1960er-Jahren angesagten Münchner Nachtlokal, wieder trafen, war gleich etwas Besonderes zwischen ihnen. 1961 wurde geheiratet, 1963 kam Sohn Michael, 1965 Tochter Christine zur Welt.

Auf den Spuren der Grafen von Pocci

Nach einem Abstecher in die Gemeinde Berg erwarben die beiden 1976 ihr geschichtsträchtiges Wohn- und Atelierhaus samt weitläufigen Wiesen und Wäldern. Besonders Maria Neumann träumte schon als Kind davon, einmal ein freistehendes Haus zu bewohnen, und die Tatsache, dass das Gelände nicht nur ausreichend Platz für Kinder und Arbeit, sondern auch für die Haltung der Pferde bot, machte die Entscheidung leicht.

Das Grundstück verdankt seinen Namen der Fasanerie des Grafen Franz von Pocci (Enkel des bekannten „Kasperlgrafen“ Franz von Pocci), der auf dem Gelände Tausende Fasane für die Treibjagd züchtete. Das Haus stammt aus dem Besitz dessen Sohnes Hans-Friedrich von Pocci. Der ließ es für seinen Lebensabend bauen, starb jedoch kurz vor der Fertigstellung. Sechs Jahre stand es leer, bevor es mit Hans und Maria Neumann sowie ihren damals elf- und neunjährigen Kindern seine neuen Besitzer fand.

Talent + Förderung = Erfolg

Hier findet Hans Neumann, der seinen über 30 Jahre erfolgreich laufenden Heizungsbaubetrieb als 52-Jähriger aus eigenem Wunsch heraus aufgab, Platz und Ruhe für die Gestaltung seiner naturalistischen Tier- und Menschenskulpturen aus Eichenholz, Bronze, Gips und Schmiedeeisen. Die Palette seiner Werke reicht von der kleinen Keramikfigur bis hin zur (über)lebensgroßen Plastik. Das hauptsächliche Anliegen seiner künstlerischen Arbeit sind Ausdruck und Ehrlichkeit. Viele seiner Skulpturen finden ihren Ursprung in der Geschichte Ostpreußens, mit der sich Neumann schon seit vielen Jahren beschäftigt.

Schon als Kind war der heute 75-Jährige in besonderem Maße künstlerisch interessiert und begabt. Durch die Begleitung bedeutender Lehrer wie dem Slovenen Metod Janko sowie dem Happberger Hans Kastler, die seine Begabung erkannten und förderten, gelang ihm nach Beendigung seiner ursprünglichen Berufslaufbahn der Wandel zum anerkannten Künstler.

Zwei seiner insgesamt sieben Enkel treten bereits in die Fußstapfen des Großvaters. Enkelin Evi modelliert detailgetreu und studiert Hauswirtschaft und Gestaltung, Enkel Klemens macht sein Abitur mit Schwerpunkt Kunst und versucht sich in diesem Rahmen an einem lebensgroßen Selbstbildnis in Holz.

Vom Glück, Gutes zu tun

Dass er den eigenen Handwerksbetrieb bereits mit Anfang fünfzig an den Nagel hängte, um sich auch beruflich der Kunst zu widmen, hat Neumann nicht ein einziges Mal bereut. Für ihn kommt es nicht darauf an, das große Geld zu machen, sondern vor allem darauf, zufrieden zu sein. Sein Leben als freischaffender Künstler in der alten Fasanerie empfindet er jeden Tag aufs Neue als großes Privileg.

Neben den Tieren und der Kunst liegt ihm auch das soziale Engagement am Herzen. Er und seine Frau sind aktive Mitglieder des in Münsing ansässigen Aktionskreises „Eine Welt e. V.“, der sich um die Ausbildungs- und Gesundheitsbelange einer verarmten Region in Indien sowie um ein Hilfsprojekt in Afghanistan kümmert. Maria Neumann gestaltet alljährlich den Kunststand des gemeinnützigen Weihnachtsbasars. Hier können Besucher nicht nur ihre eigenen Acrylbilder und Werke ihres Mannes, sondern auch Arbeiten vieler anderer regionaler Künstler erwerben. Der gesamte Erlös fließt in die Bildungs- und Gesundheitsprojekte des Vereins.

Nach einer Führung über Hof, Haus und das umliegende Gelände lässt uns der Bildhauer noch an seiner eindrucksvollen Arbeitsweise teilhaben. Wir verlassen das idyllische Kleinod mit einer Fülle von Eindrücken und einem Lächeln im Gesicht. Kunst (und Nächstenliebe) scheint wohl wirklich glücklich zu machen…

Über den Autor

Sandra Johnson

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