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Zum neuen Album „Ungeniert“: Interview Chris Columbus

Hey, kum und danz mit mir! S’ Lebn is hier und jetzt!“ Und es vibriert wie die Saiten von Chris Columbus Gitarre in jedem der zwölf neuen Songs, die im September auf seinem dritten Studioalbum „Ungeniert“ erschienen sind. Geschrieben mitten im und aus dem Leben des Chiemgauer Singer/Songwriters, produziert im Tölzer Bergbeat-Studio von Florian Rein (Bananafishbones).

Die Gitarre ist Chris Columbus ständiger Begleiter, auf seinen Reisen rund um die Welt und auf den Reisen nach innen, dorthin, wo die Melodien zum Soundtrack seines Lebens entspringen. Songs, in denen der Weltenbummler und Lebenskünstler sein Instrument und seine Stimme so intensiv klingen lässt, dass sie anstecken, mit purer Lebensfreude. Oder aber aufrütteln, weil Chris Columbus uns den Spiegel vorhält. Oder berühren, weil sie so ungekünstelt und authentisch daherkommen. Jede neue Platte klingt wie ein buntes Kapitel aus dem Logbuch des weit gereisten Musikers. Im Interview zum neuen Album steht er Frage und Antwort zu den Hintergründen seiner neuen CD und seiner Lebensweise im allgemeinen.

Chris, was darf man sich unter dem Titel „Ungeniert“ vorstellen?

Ungeniert hat für mich mehrere Bedeutungen: einmal kann es heißen, etwas auszusprechen, worüber die meisten Menschen nicht reden würden oder etwas zu tun, wovor viele Angst haben. Ungeniert kann aber auch heißen, durch eine eigene Meinung aufzufallen, zum Beispiel, indem man der Gesellschaft den Spiegel vorhält. In der Musik bedeutet es für mich, bestimmte Musikstile und Instrumente einzusetzen, um eine Message auszudrücken.

Was erwartet den Hörer auf der neuen CD?

Nach dem etwas ruhigeren letzten Album „Augenblick“ klingt „Ungeniert“ sehr lebendig, lädt zum Tanzen, Mitsingen und Feiern ein, fordert aber manchmal auch zum Reflektieren auf. Es spiegelt sich darin auch ein neuer Lebensabschnitt von mir. Ich finde, es ist Musik für die Seele, lebendig und ungeniert und in ganz unterschiedlichen musikalischen Stilen: mal lässig, mal rockig, mal kritisch, aber immer mit viel ansteckender Lebensfreude.

Ungekünstelt, frei, authentisch – das hört sich schön an, ist im Alltag aber bestimmt nicht immer leicht umzusetzen oder?

Ich denke, es kommt darauf an, was man will. Mir wäre es zu eingeschränkt, allzu konform zu leben, angepaßt an bestimmte, vielleicht manchmal starre Verhaltens- oder Gesellschaftsmuster. Ich bin ein Mensch, der im Moment lebt und versucht entsprechend seiner eigenen Erfahrungen durchs Leben zu gehen. Ich will lieber auf mein individuelles Wissen hören, weniger auf das, was andere oder irgendwelche Instanzen mir vielleicht nahe legen wollen.

Konntest du dich auch musikalisch frei, ungekünstelt und authentisch auf der CD verwirklichen? Und wenn ja, wie ging das?

Ich konnte mich musikalisch sehr verwirklichen. Im Vergleich zum letzten Album wußte ich viel genauer, was ich will – und auch was nicht. Das neue Album hab ich mit Florian Rein (Bananafishbones) produziert, mit dem ich sehr gern zusammenarbeite. Ich schätze ihn als Mensch und Produzenten sehr. Er lässt meine Musik so wie sie ist, lässt Raum für meine Ideen, bringt durch seine Art zu produzieren die Songs aber nochmal auf eine andere Ebene. Ein wundervoller Prozess, der wirklich Spaß macht und hörbar ist. Für mich ist „Ungeniert“ mein bisher bestes Album.

Manche deiner Songs klingen so lebendig und ansteckend … woher schöpfst du selbst deine Lebensenergie, was treibt dich an?

Ich liebe das Leben. Mit all seinen Facetten. Ich liebe es so zu sein, wie ich bin. Im hier und jetzt ist meine Quelle. Da ist so viel Energie, dass es nur so sprudelt. Das gibt mir Kraft. Dieses Wissen zu teilen und dafür zu leben, andere damit anzustecken, ist eine wundervolle Art zu Leben. Ich singe darüber und halte Seminare darüber. Wenn du dich selbst wirklich erkennst, bist du frei. Ganz und gar frei von Blockaden, Mustern und dem zwanghaften Denken.

In deinen Texten geht es auch immer wieder um die Reise zu sich selbst, die du ja schon vor einiger Zeit angetreten hast. Was hast du daraus gewonnen?

Alles. Vor vielen Jahren habe ich die Reise zu mir selbst angetreten. Mich selbst gesucht und gefunden. Alles durchlebt, was es zu durchleben gab und erkannt, dass ich frei bin. Uneingeschränkt. Dann kommt der Verstand zur Ruhe, das Ego löst sich auf. Man lebt in der Einheit des jetzigen Moments und das ist alles wofür ich lebe. Dafür habe ich alles andere aufgegeben. Das erfüllt mich zutiefst.

Im Song „Billiga“ prangerst du zu Recht den Konsumwahn an. Schaffst du es, den vielen Verlockungen unserer Konsumgesellschaft zu entkommen und wenn ja: wie?

Ich versuche schon meine Ideale zu leben, auch bewusst einzukaufen. Bei „Billiga“ spreche ich vor allem die Misstände im Bereich unserer Lebensmittel an und da wird es wirklich Zeit, dass die Menschheit umdenkt. Ich kaufe am liebsten lokale Produkte ohne Plastikverpackung, wenn’s geht im Bioladen oder beim Gemüsehändler, Bauern oder Hersteller, den ich kenne. Ich will wissen, wo die Dinge herkommen, die ich konsumiere. Es ist mir wichtig, dass sie keine zigtausende Kilometer zurückgelegt haben. Ich schau schon auch genau drauf, was drin ist. Ich glaube, dass viele Menschen Fertigpizza oder in Plastik verpacktes Fleisch nicht mehr essen würden, wenn sie genauer wüssten, wie die Tiere gehalten werden oder wie viel Chemie in der Fertigpizza steckt.

Was inspiriert mehr: die Reisen rund um den Globus – oder die Reisen nach innen?

Jede Reise ist auch immer eine Reise nach innen. Egal wo ich bin, versuche ich immer im Moment zu sein. Das ist für mich das Wichtigste. Dann spüre ich auch das „Innen“. Inspiration kommt bei mir aber eher von außen, durch eine Reise zum Beispiel: neue Menschen, neue Ansichten, neue Gerüche und Erlebnisse führen ja auch immer wieder dazu, dass ich die Dinge aus einer anderen Perspektive sehen kann.

Viele Menschen haben Angst davor, etwas zu verändern, Grenzen zu überschreiten. Wie würdest du ihnen Mut machen?

Viele Menschen schreiben mir, dass sie durch meine Musik ausgebrochen sind aus ihren Mustern. Sie haben mal wieder was riskiert und sich in eine neue Richtung bewegt. Eine sehr gute Übung ist es, sich selbst zu fragen: „Wenn mein Leben für immer so bleibt wie es heute ist, bin ich dann glücklich? Bin ich zufrieden?“ Es gibt wohl keinen Grund, sich nicht zu trauen im Leben das zu verändern, was einem nicht gefällt. Es gibt ja nichts zu verlieren. Es gibt nur was zu gewinnen.

Über den Autor

Sandra Johnson

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