Natur & Freizeit

Der Berg ruft: Außergewöhnliche Bergerlebnistouren im Oberland

Langweilig wird es in unserer heimischen Bergwelt eigentlich nie, doch was sind die richtigen Aktivitäten, wenn man mal mehr als nur Wandern erleben möchte? Wir stellen Ihnen vier außergewöhnliche Bergerlebnistouren vor – faszinierende Naturschauspiele, spektakuläre Ausblicke und Adrenalinschübe inklusive

Gleitschirmfliegen

Frei wie ein Vogel über dem Tegernsee

Zahllose bunte Tupfer schmücken an schönen Tagen den Himmel über dem Wallberg. Der 1722 Meter hohe Aussichtsberg am südlichen Ende des Tegernsees über Rottach-Egern ist nicht nur für Wanderer ein beliebtes Ziel. Die meistens ausgezeichnete Thermik macht den höchsten Gipfel am See auch zu einem Dorado für Gleitschirm- und Drachenflieger. Einige Hundert Flieger heben bei günstiger Witterung hier ab und schweben über den Tannen am Nordhang sanft dem See entgegen, fast so elegant wie die Steinadler, die hier zu Hause sind und sich gelegentlich sogar blicken lassen. Die Gleitschirmflieger genießen das fast lautlose Gleiten und die grandiose Aussicht zu beiden Seiten des Wallbergs. Nach Süden schaut man – gute Sicht vorausgesetzt – bis weit nach Tirol hinein. Nach Norden schweift der Blick über den See, der sich bilderbuchgleich in die Landschaft schmiegt bis nach München, wo man bei entsprechender Wetterlage sogar die Allianz-Arena erkennen kann. Gleich unterhalb der Bergstation der Wallbergbahn kann man als Zuschauer die Start- und Flugmanöver wunderbar beobachten und etwas von der Faszination dieses Sports spüren.

Wen beim Zuschauen die Sehnsucht überkommt, selbst einmal wie ein Vogel vom Wallberg hinab zu schweben, der kann sich diesen Traum auch ohne Ausbildung und eigenen Schirm und Gurtzeug erfüllen. Bei einem Tandem-Gleitschirmflug muss der Co-Pilot nur beim Start selbst ein paar Schritte laufen – und lässt sich dann entspannt den Wind um die Nase wehen, bis auf der großen Landewiese in der Nähe der Talstation der Wallbergbahn in Rottach-Egern das Flugvergnügen ein Ende findet. Vorläufig – denn mancher Fluggast soll dabei schon süchtig geworden sein. Ein Tandemflug kostet je nach Anbieter um 120 Euro.

Weitere Informationen: Tegernseer Tal Tourismus GmbH, Hauptstraße 2, 83684 Tegernsee, Tel. 08022/92738-0, www.tegernsee.com

Partnachklamm

Ab in die Schlucht

Naturspektakel statt Adrenalin: Die Wanderung durch die Partnachklamm bei Garmisch-Partenkirchen bietet ein faszinierendes Naturschauspiel. Tosende Wasserfälle, Strudel, tiefe Gumpen, dann wieder Stromschnellen schaffen in der 700 Meter langen, teilweise über 80 Meter tief eingeschnittenen Schlucht eine ganz eigene Atmosphäre. Hinter jeder Biegung bietet sich ein neuer beeindruckender Ausblick. Seit 1912, als sie zum Naturdenkmal erklärt und touristisch erschlossen wurde, kann die Klamm von Groß und Klein gefahrlos erwandert werden kann. Das war im 18. Jahrhundert anders, als Holzknechte unter lebensgefährlichen Bedingungen auf schmalen Triftwegen Brennholz aus dem Reintal durch den wilden Gebirgsbach die Schlucht hinab nach Partenkirchen transportierten.

Trockenen Fußes gelangt man auch heute noch nicht hindurch. Festes Schuhwerk (es wird nass und glitschig), ein Pullover (weil es schon mal kühl wird) und Regenschutz (es tropft ständig von oben) sind unerlässlich. Es lohnt sich, die Tour um einen kurzen Abstecher zur Klammbrücke zu verlängern: In 70 Metern Höhe bietet sich ein einzigartiger Blick in die Klamm, die jährlich von rund 200.000 Menschen besucht wird.

Ein besonderes Erlebnis sind Fackelwanderungen durch die Klamm, besonders zauberhaft im Winter, wenn der Schein der Fackeln über die eisigen Wände huscht und ein bengalisches Feuer meterhohe Eiszapfen und gefrorene Wasserschleier in ein wunderschönes Farbenspiel taucht (Anbieter: Gasthof Partnachklamm, Tel. 08821/59420; Almwirtschaft Hanneslabauer, Tel. 08821/53131).

Die Partnachklamm ist zu Fuß vom Parkplatz am Skistadion in rund 25 Minuten erreichbar. Schneller geht es mit der Pferdekutsche (bis zu vier Personen 16 Euro, jede weitere Person vier Euro).

Weitere Infos:

Garmisch-Partenkirchen Tourismus, Richard-Strauss-Platz 1a, 82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel. 08821/180-700, www.gapa.de; www.partnachklamm.eu.

Private Führungen und Wanderungen: www.gaestefuehrer-garmisch-partenkirchen.de. Geologische Führungen bietet www.geo-trip.de/fuehrungen.html.

Klettersteig Alpspitz-Ferrata

Nervenkitzel im senkrechten Fels

Der Blick nach oben geht ins Leere. Der glatte Fels nimmt kein Ende, scheint sich direkt mit dem blauen Himmel zu vereinen. Aber ein Zurück gibt es nicht. Denn der Blick zurück, nach unten verursacht noch viel mehr Kribbeln im Bauch – auch wenn die Wanderstiefel mit sicherem Halt auf der eisernen „Stufe“ stehen, der Karabinerhaken sicher im Stahlseil neben der „Eisenleiter“ eingeklinkt ist. Diese Mischung aus Abenteuer und hautnahem Naturerleben fasziniert immer mehr Menschen, die Abwechslung zum Bergwandern suchen, sich Bergsteigen oder freies Klettern aber nicht zutrauen. Klettersteige sind die Lösung.

Mittlerweile finden sich im gesamten Alpenraum Klettersteige unterschiedlichster Kategorien – von der kinderfreundlichen Familientour bis zum Profisteig. Allen gemeinsam: Spektakuläre Ausblicke und reichlich kräftige Adrenalinschübe sind garantiert. Das gilt auch für die Alpspitz-Ferrata. Die Tour auf den 2628 Meter hohen Berg gilt unter Kletterfans als „Juwel des Werdenfelser Lands“. Wegen seiner üppigen Sicherungen ist der „Ferrata“ ein idealer Klettersteig für Anfänger. Großartige Aus- und Tiefblicke ins Höllental, auf Garmisch-Partenkirchen, den Höllentalferner und hinüber zur Zugspitze, wo man die Bergsteiger auf ihrem Weg zu Deutschlands höchstem Gipfel beobachten kann. Die Route ist sehr gut gesichert und mit zahlreichen Tritthilfen ausgestattet, dennoch sollte der Freizeitkletterer trittsicher und schwindelfrei sein. Und etwas Kondition mitbringen, denn für Auf- und Abstieg müssen insgesamt etwa fünf Stunden eingeplant werden. Da die Route sehr beliebt ist, ist es ratsam, seine Tour nicht aufs Wochenende zu legen. Für Anfänger empfiehlt es sich, die ersten Klettersteigerfahrungen im Rahmen einer geführten Tour mit einem erfahrenen Bergführer zu sammeln. Tagestouren ab 99 Euro, inklusive Klettersteigausrüstung (Klettergurt, Helm, Karabiner) bei www.die-bergfuehrer.de.

Allgemeine Infos zu Klettersteigen im Wettersteingebirge: Garmisch-Partenkirchen Tourismus, Richard-Strauss-Platz 1a, 82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel. 08821/180-700, www.gapa.de

Canyoning

Adrenalinschübe im Wasserfall

Wasserwandern ohne Boot. Nur zu Fuß, an Seilen gesichert, springend oder rutschend geht es durch Schluchten, Bäche und Flüsse – beim Canyoning ist eine gute Portion Mut vorteilhaft. Gilt es doch, neben den Hürden, die einem die Natur in den Wasserweg stellt, auch die eigene Angst zu überwinden. Den Einstieg erleichtern geführte Touren mit einem geübten Schluchtenführer wie Franz Perchtold (46) vom Team der Bergschule „Die Bergführer“. Wir treffen ihn auf einem Parkplatz hinterm Sylvensteinsee, zwischen Fall und Achenpass. Unser Ziel ist ein Wildbach im Grenzbereich zu Tirol.

In Neoprenanzügen, die an empfindlichen Körperstellen dicker gepolstert sind, und mit einem speziellen Klettergurt ausgestattet, wandern wir bergauf bis zum Einstieg in den Bach. Im breiten Bachbett gibt es eine Sicherheitseinweisung. „Wir gehen immer hintereinander. Vorsicht auf den Steinen, die sind glitschig“, mahnt Franz. „Auf den Rutschen legt die Arme am Körper zusammen. Und versucht nicht, zu bremsen.“ Also hinein ins nasse Vergnügen. Das Besonders beim Canyoning ist die Abwechslung. „Das ist eine Natursportart. Da wird kein Stein weggehauen, damit’s schöner wird“, sagt Franz. Deshalb also der Scheuerschutz für den Po. Der Bach wird immer mehr zu einer Schlucht, wir nehmen erste kleine Rutschen, wagen zaghafte Sprünge. Mit dem Schluchtenführer fühlen wir uns sicher, er kennt die Strecke, weiß, wie sich der Wasserstand verändert und wo es jetzt zu gefährlich wäre, zu springen. „Sich allein auf den Weg zu machen ist sehr verletzungsanfällig, wenn ich den Bach nicht genau kenne.“

Wir erreichen die „Dunkelkammer“, ein beeindruckendes Naturschauspiel, die Felswände scheinen über uns zusammenzuwachsen. Am Wasserfall geht es nicht weiter. Aber das Abseilen funktioniert problemlos. Plötzlich öffnet sich die Schlucht, der Berg spuckt uns förmlich wieder aus. Schwimmend geht es ein gutes Stück den Fluss runter. Am Ende der Tour können wir uns noch mal richtig austoben. „Hier könnt ihr springen, wie ihr lustig seid“, ermuntert uns Franz, bevor wir uns mit einem vergnügten Lächeln auf den Lippen die Neoprenanzüge vom Leib streifen.

Weitere Informationen: Die beschriebene Canyoning-Tour im Raum Lenggries/Sylvensteinsee kostet inklusive Bergführer, Canyoning- und Sicherheitsausrüstung 89 Euro pro Person. Weitere Infos: www.die-bergfuehrer.de

Über den Autor

Rudi Stallein

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