Region & Leute

Zeitreisen im Museum

Besinnliche Adventszeit – Zeit für einen Besuch bei zwei Museen, die aus sehr unterschiedlichen Gründen in die Vorweihnachtszeit passen.

Die Adventszeit ist eine Zeit des Innehaltens, der Besinnlichkeit, Kerzenlicht, erst eins, dann zwei … Es ist die Zeit, in der Lebkuchendüfte durchs Haus wehen, das nach und nach immer mehr für das Weihnachtsfest geschmückt wird. Neben dem Christbaum steht in vielen Familien eine Krippe. Maria und Josef und das neugeborene Jesuskind sind zu sehen, Ochs und Esel schauen dem Weihnachtswunder im Stall zu. Denn Maria und Josef waren auf der Flucht.

Mit dem Thema Flucht, aber auch mit der neuen Heimat beschäftigt sich das neue Museum der Stadt Geretsried. Krippen wiederum und dazu Porzellan, Puppen und als Sonderausstellung die erste Gesamtschau einer der bekanntesten Kinderbuchillustratorinnen findet man in Garmisch.

Museum Aschenbrenner

Seit zehn Jahren gibt es in Garmisch das Museum Aschenbrenner, gestiftet von einer leidenschaftlichen Sammlerin. Sie habe, so berichtete Marianne Aschenbrenner, ein Buch über Porzellan geschenkt bekommen, und dies war der Beginn einer Sammelleidenschaft, die sie nicht mehr losließ. Großzügig teilte sie aber ihre Funde; schon zu Lebzeiten wurden wertvolles Meißener Porzellan und historische Puppen im Kurhaus gezeigt. 1996 hatte sie in ihrer Wahlheimat eine Stiftung zur Förderung von Kunst und Kultur gegründet und verfügt, dass ihr gesamtes Vermögen nach ihrem Tod dorthin fließen solle.

Zudem solle ihr Wohnhaus zu einem Museum umgestaltet und ein Anbau für die Ausstellung des Vereins der Werdenfelser Krippenfreunde errichtet werden. Mit der Eröffnung des Museums Aschenbrenner im Juli 2006 wurde der Wille der generösen Stifterin realisiert. Allein elf große Krippen, wie zum Beispiel die „Heimatkrippe“ mit dem Wettersteinmassiv im Hintergrund, sind dort Zeugnis der Handwerkskunst der Region, denn bis heute wird diese Tradition gepflegt.

Museum der Stadt Geretsried

Mit Menschen auf der Flucht beschäftigt sich das neue Museum der Stadt Geretsried – und auch die Stadt selbst ist recht neu. Erst seit 1950 ist Geretsried eine eigene Gemeinde. Vor dem Zweiten Weltkrieg war hier lediglich ein großes Waldgebiet, ideal um eine Munitionsfabrik zu verbergen. Schweigepflicht hatten alle, die dort arbeiteten, viele davon Zwangsarbeiter. Damit beginnt auch das Museum, denn der Krieg war die Ursache der Vertreibung von deutschstämmiger Bevölkerung. Da die Munitionsfabrik nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands leer stand, siedelte man die Vertriebenen aus Gebieten des heutigen Tschechiens, Rumäniens oder Ungarns in Geretsried an.

Ein großes Lob geht an das Münchner Kreativbüro „Die Werft“, das das Geretsrieder Museum gestaltete. Auf sehr anschauliche, dabei aber feinsinnige Weise werden das Schicksal der Flüchtlinge und die ersten schwierigen Jahre dargestellt: Ein leerer Fleck an der Wand, wo vormals wohl ein Familienbild hing, oder ein kleiner Koffer, der das einzige erlaubte Hab und Gut beherbergte, Guckkästen mit farbigen Fotos, die verdeutlichen, wie schwer das Verlassen der Heimat gewesen sein muss. Doch der Rundgang geht weiter. Er zeigt den Erfindungsreichtum der Menschen, denen es bald gelungen ist, aus nahezu nichts etwas zu erschaffen – Haushaltsgegenstände oder Werkzeuge aus allerlei zweckentfremdeten Materialien. Solche Objekte wie auch Erinnerungsstücke aus der alten Heimat wurden seit den 1970er-Jahren gesammelt.

Wichtig ist der Kulturamtsleiterin Anita Zwicknagl, dass neben den dunklen, bedrückenden Seiten auch die positiven gezeigt werden. Die Menschen brachten nicht nur ein paar gerettete Gegenstände mit, sondern Fähigkeiten. So entstand in Geretsried bald eine florierende Holzindustrie, der Musikinstrumentenbau vor allem von Blasinstrumenten wurde aus dem Egerland mitgebracht. Ihr Klang füllt einen weiteren Raum des Rundgangs; mit Traditionen, Festen und Feierlichkeiten, lustigen und ernsthaften Bräuchen beschäftigen sich andere Teile der Ausstellung.

Zum Schluss finden sich die Besucher in einer Küche wieder, denn auch jede Menge Rezepte brachten die Flüchtlinge mit: Schlesisches Himmelreich, Karlsbader Oblaten oder Siebenbürger Wurst mit Knoblauch.

Bildnachweis: Museum Aschenbrenner/Erwin Reiter; Stadt Geretsried/Helmut Reichelt

Über den Autor

Heike Hoffmann

1

Hinterlasse einen Kommentar