Kunst & Handwerk

Ski Marke Eigenbau: Ski – und Snowboardbau-Workshop

Bei Garmisch-Partenkirchen kann man sich seine Ski oder sein Snowboard selbst bauen: Form, Design, Farbe – alles nach eigenen Vorstellungen. Das Ergebnis ist nicht immer perfekt, aber dafür einmalig

Ski sind mehr als nur Sportgeräte. Sie bedeuten Leidenschaft, Emotion und Genuss. Und da jeder Mensch verschieden ist, sollten es auch seine Ski sein. Das findet die Firma Pepperblue und erfüllt so manchem Skiverrückten seinen großen Traum vom individuellen „Fahrwerk“ – beim Skibau-Workshop im oberbayerischen Bad Bayersoien wird die Do-it-yourself-Idee unter fachlicher Leitung umgesetzt.

Der Traum vom Ski nach Maß

„Wir sind schon immer Fans von Selbstgebautem gewesen“, erzählt Andreas Mück. Er ist einer der Geschäftsführer der Firma Pepperblue, einem kleinen Unternehmen, das sich erfolgreich mit „Lösungen für Themen, von denen andere die Finger lassen“ beschäftigt. Drei sportbegeisterte Freunde, die sich zusammengetan haben, um außergewöhnliche und emotionale Projekte zu verwirklichen – von innovativen Antriebskonzepten für Elektrofahrzeuge bis hin zum Skibau.

Die Idee mit den Skibau-Kursen entstand spontan aus dem Wunsch nach einem Paar maßgefertigter Ski. „Was man nicht kaufen kann, muss man eben selbst bauen“, erklärt Andreas Mück. Die drei Freunde zerlegten lahme und spritzige Ski, stellten Vergleiche an, tüftelten und kombinierten, begannen selbst mit Fasern, Harz, verschiedenen Holzkernen und anderen Komponenten zu konstruieren. Schnell war klar, worauf es ankommt. Mit dem vorhandenen Know-how im Umgang mit Maschinen und modernen Kunststoffen entstanden so die ersten Ski Marke Eigenbau. Schon bald wollten auch Freunde und Bekannte ihre eigenen Ski haben. „Langsam, aber sicher sprach sich das Konzept ‚Skibau‘ ganz ohne Werbung herum, und wir wurden mit Anfragen nach Kursen geradezu überhäuft“, erinnert sich Andreas Mück. Das Projekt „Ski Building“ wurde größer und größer. Heute besitzt die Firma drei verschiedene Standorte, zwei in Deutschland und einen in Österreich. Die Teilnehmer kommen aus dem gesamten europäischen Umland. Letzten Winter reisten sogar Kanadier nach Bayern, um hier ihren eigenen Ski zu bauen.

Skibau ist Leidenschaft

Prinzipiell können angehende Skibauer ihren Traum aus Holz komplett selbst gestalten: Länge, Form, Härte und Design – hier sind kaum Grenzen gesetzt. Knackige Pistencarver, Powderski, Tourenski oder Wollmilchsäue – alles ist realisierbar. Das gilt natürlich auch für Snowboards. Die verwendeten Materialien wie Beläge, Kanten und Kerne sind sehr hochwertig und finden auch im teuren Industrieski Verwendung. Der Bauprozess wurde vom Team so weit optimiert, dass sich jeder, egal ob Frau oder Mann, seinen Traumski an zwei Tagen fertigen kann – auch jene, die nicht mit der Stichsäge in der Hand geboren wurden. Man braucht dazu weder Spezialwerkzeug noch eine Schreinerausbildung: „Wer sich schwedische Regale zu Hause montieren kann, ist auch in der Lage, seine ‚Brettl‘ selbst zu zimmern“, scherzt Andreas Mück. „Größte Herausforderung ist erfahrungsgemäß die Entscheidung für ein bestimmtes Design, aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten.“

Um diesen Prozess abzukürzen, muss jeder Teilnehmer vor Beginn des Kurses ein Formular ausfüllen, das klären soll, wie er sich seinen idealen Ski vorstellt. Hier werden nicht nur Entscheidungen getroffen, ob der Ski hart oder weich, breit oder schmal, schrill oder eher klassisch sein soll. Auch das persönliche skifahrerische Können und eventuelle Vorlieben für Powderfahren, Piste oder Funpark werden in Betracht gezogen. Nicht zu vergessen Größe und Körpergewicht. Mück und seine Kollegen werten die Informationen aus und bestellen individuell das passende Material.

Mit Holz, Harz und Sekundenkleber

Als Location dient dem Team ein ehemaliger Bauernhof. „Skibuilding“ steht auf einer Tafel, am Dachfirst hängt ein betagter Sessellift der alten Kreuzeckbahn aus Garmisch-Partenkirchen. In der Werkstatt im Erdgeschoss, die im Sommer ein Fahrradgeschäft beherbergt, tummeln sich die Seminarteilnehmer. Das Material fürs „Fahrwerk nach Wunsch“ liegt bereits an den Arbeitsplätzen bereit. Es kann losgehen! Mithilfe einer individuell angefertigten Schablone schneiden die Skibau-Lehrlinge hochwertige Kunststoffbeläge zu. Die bestimmen später die jeweilige Form des Skis. Darauf werden nun die Stahlkanten angebracht und mit Sekundenkleber fixiert. Nächster Schritt: der Kern – die Seele eines jeden Skis. Das Team verwendet dafür ausschließlich handverlesene Holzkerne, die je nach Einsatzzweck mit ihren Eigenschaften die Fahrleistungen des Skis unterstützen.

In der Werkstatt wird gehobelt und geschliffen. Der Kern erhält jetzt die passende Dicke, den passenden Höhenverlauf, die optimale Länge und bestimmt damit maßgeblich den Charakter der selbst gezimmerten „Bretter“. Als Nächstes werden die einzelnen Bestandteile – also Beläge, Kern, Kunstfasern, Kanten und Designoberfläche – in eine sogenannte Laminierform geschichtet und mithilfe eines temperaturbeständigen Harzes verklebt. Über Nacht kommen die „Latten“ in den Ofen. Die Wärmekammer ist die letzte Station. „Wenn die Skier dann aus dem Ofen kommen, ist das wie an Weihnachten“, schwärmt Andreas Mück. Voller Vorfreude erledigen die Teilnehmer die letzten Feinarbeiten: schleifen, wachsen, Bindung montieren. Dann geht es ab auf die Piste.

Unikat statt Massenware

Insgesamt 690 Euro kostet das zwei Tage dauernde Seminar. Im Preis ist das notwendige Material zum Bau der Ski oder Boards enthalten sowie die komplette Schulung. Die Bindung geht separat. Dafür bekommt man einen einzigartigen Ski, der genau den eigenen Wünschen entspricht. „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, verrät Andreas Mück. Weit über 1.000 Ski haben in den letzten Jahren die Werkstatt von Pepperblue verlassen, und kein Paar war wie das andere: „Es gab viele verrückte Ski. Ein junger Mann hat sich die Reizwäsche seiner zukünftigen Ehefrau in die Ski laminiert, ein ehemaliger Installateur den letzten Duschvorhang vor der Rente, ein anderer die Taschentücher seines geliebten und kurz vorher verstorbenen Großvaters.“ Hundehaare, Teppiche, Spitzenvorhänge, Gemälde, Salamischeiben, Intarsien mit Blattgold oder Schokoladenverpackungen – die wildesten Designs fanden schon ihren Weg in die Ski.

Ideenreich sind die Teilnehmer auch bei den Formen: „Von Überbreite bis Zahnstocherform, fast alles gab es schon, und das ist gut so.“ Denn da jeder Mensch verschieden ist, sollten es auch seine Ski sein – so das Motto von Andreas Mück und Team. Seit 2009 legen sie ihr Herz in den Skibau: „Wenn Du einen Ski baust, gibst Du ihm etwas von Deiner Seele.“ Denn Skifahren ist Leidenschaft, Skibau ebenfalls. Diese Passion möchten sie mit möglichst vielen Menschen teilen.

Die Basis-Ski- und Snowboardbau-Kurse von Pepperblue finden in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen, in Bad Kötzting und in Innsbruck statt und dauern jeweils zwei Tage. Mitmachen kann jeder, der mit Teppichmesser und Pinsel umgehen kann. Samstags geht es los, und sonntags können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Seminar mit einem Paar fertiger Ski verlassen.

Über den Autor

Simone Rosner

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