Jedes Jahr, von Mai bis Mitte September, starten von Weidach aus die beliebten Passagierfloßfahrten der Flößerei Seitner auf Loisach und Isar nach München. Das traditionsreiche Unternehmen hat uns auf einen kleinen Exkurs in die Anfänge der Flößerei mitgenommen.
Bei einem Besuch des Flößerzimmers im Wolfratshauser Heimatmuseum findet man neben Zunfttruhe, Flößerkleidung, Werkzeug, Floßmodellen und historischen Bildern, eine rote Seidenfahne mit üppiger Goldstickerei. Die Fahne zeigt den Sankt Nikolaus, der als Wasser- und Schiffspatron über die Floß fahrenden Männer wacht. Die Wolfratshauser Floßmeister ließen diese 1858 für ihr Handwerk anfertigen und marschierten mit dieser weit bis ins 20. Jahrhundert stolz bei Prozessionen und Festen mit, bis sie aus konservatorischen Gründen im Heimatmuseum ihren Platz fand. Hier erinnert sie nun an die Zeit, in der die Flößerei in erster Linie noch dem Holz- und Warentransport auf Isar und Loisach diente.
Der Beginn des Flößerhandwerks
Das bayerische Flößereigewerbe ist bereits seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar. Zu dieser Zeit wurden aufgrund des Städtebaus große Mengen Holz, Stein, Kalk und anderes Material zum Aufbau benötigt. Dies brachte das waldreiche und gebirgige Oberland mit den großen Städten wie München, Freising und Landshut ins Geschäft brachte.
Weiteren Auftrieb erfuhr das Flößerhandwerk, als ab 1687 venezianische Kaufleute einen Markt mit Südfrüchten, Gewürzen, Baumwolle und teuren Stoffen in Mittenwald abhielten. Für den Weitertransport der wertvollen Waren sorgten per Wasserweg die Flößer. Dabei mussten sie persönlich für das Frachtgut haften. Wenn Ware kaputt oder verloren ging, musste der Eigentümer entschädigt werden. Wer das nicht tat, dem drohte ein Fahrverbot.
Die Anforderungen an die Flößer
Nur Flößer, die der Zunft angehörten und über langjährige Berufserfahrung, einen ehrbaren Namen sowie über Besitz verfügten und zudem verheiratet waren, konnten Floßmeister werden. Allerdings blieb ihre Zahl beschränkt. Um 1800 hatte Wolfratshausen sieben Floßmeister und 26 Flößer.
Die Flößer waren von Frühjahr bis spät in den Herbst unterwegs, so oft es Wetter und Wasserstand zuließen. Geflößt wurde vom Morgengrauen bis zur Dunkelheit, außer an Sonn- und Feiertagen. Die Flöße wurden dabei nicht nur zum Transportieren von Waren, sondern auch als Transportmittel für Personen genutzt.
Das Reisefloß Ordinari, verkehrte seit 1623 einmal wöchentlich zwischen München und Wien. Die Reise dauerte etwa sieben Tage und kostete pro Person drei Gulden.
Vom Handwerk zur Touristenattraktion
Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Floß, das bis dahin als schnellstes und billigstes Transportmittel galt, von den modernen Beförderungsarten wie Schiffen, Zügen und Autos überholt. Mitte des 20. Jahrhunderts kam die Flößerei schließlich ganz zum Erliegen.
Erhalten geblieben sind Wolfratshausen die Ausflugsfahrten, die seit Eröffnung der Isartalbahnstrecke im Jahr 1891 sowohl Touristen als auch Einheimische begeistern. Versorgt mit einer deftigen Brotzeit, einer guadn Maß Bier und jeder Menge zünftiger Musi ist die 25 Kilometer lange Strecke von Wolfratshausen bis München eine echte Gaudi.
Quelle: Helga Lauterbach, Flößerei auf Isar und Loisach, Kreissparkasse Wolfratshausen, 1995